8.2 Zeit – Raum – Gefüge: ein Produkt körperlicher Erfahrung 407 stehen in einem ambivalenten Verhältnis. »Tonhöhe und Klangfarbe sind offenbar eng ineinander verwoben, in gewisser Weise sogar miteinander identisch. Ob es im Einzelfall angebrachter ist, von Tonhöhe oder Klangfarbe zu sprechen, ist häufig der Willkür überlassen« (TERHARDT 1998, S. 374). Obertonsingen wie das Spiel auf der Maultrommel sind Tonhöhenerzeugungsphänomene, die durch die Filterung durch Resonatoren von breiten, in ihrer Tonhöhe unveränderlichen Klangspektren, entstehen. Hier verkehrt sich das Modell von Tonhöhe und Klangfarbe: Tonhöhe beruht auf der Frequenz eines Signals, einer Generatorgröße, die Klangfarbe auf Formatfrequenz, also den Merkmalen des Filters. Diese aus Überstrahlung der physikalischen Sicht der Dinge entstandene Trennung von Erzeuger und Format »ist aber mit den offensichtlich bestehenden engen Zusammenhängen zwischen Klang-farbe und Tonhöhe nicht vereinbar. Die Art und Weise, wie Klanggestalten auf den unteren Ebenen der auditiven Hierarchie entstehen, ist vollkommen unabhängig davon, wie das Schallsignal physikalisch zustande gekommen ist. Die Erkennung und Trennung der genannten Merkmale ist Sache der auditiven Interpretation der primären Klanggestalt. Auf welche Merkmale und Gesichtspunkte jene Interpretati-on letztlich führt, hängt davon ab, welches Problem es zu lösen gilt« (TERHARDT 1998, S. 374). Tonhöhe könnte in diesem Sinn eine Betrachtung des Klangspektrums sein, Klangfarbe eine andere. Die Dominanz des Schauens auf Tonhöhe mag durch die musikalische Größe Tonhöhe verursacht sein, die letztlich ein Code ist und der Fixierung von Musik in der abendländischen Musik dient und mit ihr entstanden ist. In außereuropäischer und neuer oder Pop-Musik zeigt sich die Inadäquatheit des Konzepts Tonhöhe nicht nur durch die Unmöglichkeit sie zu notieren: Sound ist im letzten Falle die geeignete Größe in die die Tonhöhe subsumiert ist, sie selbst spielt keine oder eine untergeordnete Rolle. Anstelle des Spiels mit Tonhöhen und fixen Klangregistern wird Soundgestaltung als unmittelbare kontinuierliche Klang-modulation betrieben. Für diese direkte Klangarbeit sind zu den klassischen mit der Schrift erstarkten musikalischen Parametern alternative Konzepte brauchbar, wie sie Tondichte (STEVENS 1934, GUIRAO & STEVENS 1964) und Tonvolumen (TERRACE & STEVENS 1962), Funktionen von Tonhöhe und Lautstärke, Potenzfunktionen von Lautstärke repräsentieren. Eine unabhängige Messung der drei Empfindungsgrößen ergab dass die Summe der Exponenten für Tonvolumen und Tondichte den für die Lautstärke ergab, dass Lautstärke das Produkt von Tonvolumen und Tondichte sei (STEVENS, GUIRAO & SLAWSON 1965). Für ein mehrdimensionales Konzept von Klangfarbe spricht auch, dass Absolut-hörer eine bessere Leistung beim Klangfarben erkennen aufweisen (BLOCK 1983; CRUMMER, WALTON, WAYMAN, HANTZ & FRISINA 1994). Das Absoluthören beim Stimmen des eigenen Saiteninstruments mag ein Klangfarbenmemorieren sein, denn dieselbe Tonhöhe auf anderen Instrumenten einzustellen, ist diesen Musikern nicht möglich. Dennoch sollte das Kurzzeitgedächtnis ausgeprägte Äquivalenzen für Klangfarben einerseits und Tonhöhen andererseits haben (STARR & PITT 1997). Grundsätzlich wird jedes Schallereignis als Raumereignis erlebt. Raum spielt in der Musik als kompositorische Größe eine Rolle. Die Objektivation von akustischem Raum findet sich im musikalischen Raum. Ein Produkt der Interpretation von Klangfarbe als Tonhöhe assoziiert mit räum-licher Höhe und das Kombinat von Klangfarbe und Lautstärke aus der Erfahrung