416 Bedingungen der Irritation und Transgression des mechanischen Systems das mechanistische Gefüge zusammen: Die subjektiv nicht mehr nachvollziehbare hohe Geschwindigkeit von Bewegung (von Information) im Raum stört das aus der unmittelbar körperlichen Erfahrung gelernte Zusammenspiel von Distanz und Zeit. Der Net-Space wird zum psychologischen Moment im Hier und Jetzt. Das Tempo des Informationsflusses im Net-Space unterschreitet die Grenze des zeitauflösenden Systems und nimmt Informationen nicht im zeitlichen Nacheinander und davon abgeleitet aus unterschiedlichen Orten kommend wahr, sondern in der zeitlosen Entortung. Bereits McLUHAN (1994, 1995) charakterisiert den elektronischen Raum, seine Simultanität und Dezentralität mit dem Terminus: »all-at-onceness«. Sein früherer Mitarbeiter Nelson THALL (1996) präzisiert: er sei durch »instantaneous movement of information« gekennzeichnet. Die kognitive Strategie den Ereignissen zu folgen sei der »way of listening to [. . . ] Structurally, ›auditory space‹ tends also to be the characteristic form of an electronic culture. Instant movement of information creates a configuration of time-space [. . . ]. Electronic configurations are, in a structural sense remarkably acoustic« (THALL 1996). WELSCH (1996) beschreibt klare Paral-lelitäten zwischen Auditory-Space und Net-Space, GROßKLAUS (1995) beschreibt entsprechende Voraussetzungen. Der Auditory-Space ist also die Auswertung der sich um uns bewegenden Information, ohne dass wir unseren Körper durch stete Bewegung neu in Bezug zur Information setzten müssten – hier liegt die Parallele zum Net-Space als Kommunikationsraum – der metaphorischen Übertragung des Visual-Space steht das erfahrungsmäßig gegebene Imagery des Auditory-Space als Interface in dem Net-Space gegenüber. BAUDRILLARDs kritisch polemische Rede vom nutzlosen Körper im Zeitalter der Teleinformation und McLUHANs Ahnung der Parallele zwischen Electronic Space und auditivem Raum finden in der auditorischen Rezeption des Ereignisraums zusammen. Die Parallelität der beiden ist eine über das Verhalten von Ereignissen indizierte Raum-Erfahrung (JAUK 2000a). Die hohe emotionale Qualität des Auditory Space bietet seine Möglichkeit, als immersives Interface im Net-Space zu dienen (JAUK & RANZENBACHER 1999). Der Auditory-Space stülpt das Geschehen über den Akteur, macht ihn zum Zen-trum und im Verein mit handlungsorientierten Interfaces mit klanglichem Feedback zum Partizipienten. Sound ist im multimedialen Verbund vom dienenden Unterma-len simulierter Ereignisse als Indikator von Raum zum tragenden psychologischen Interface mit hoher Immersion in einer hedonisch bestimmten, verhaltensorientierten mixed Reality World geworden. Die Art der Handlungsform wechselte von der zeichenhaft sprachlichen Befehls-form auf die Form des auswählenden Verhaltens – nun zu dem mit einer virtuellen Umgebung interagierenden Verhalten durch Bewegungen des gesamten Körpers im Raum. Was in den Avantgarden erprobt wurde, ist jüngst in der Spiele-Industrie verwirklicht worden; der Net-Space ist noch stumm. Immersion, Egozentrizität und das Horchen, das McLUHAN’sche »Listening to [. . . ]«, sind adäquate Erfahrenswei-sen aus der auditory logic für eine virtuelle, informationsbasierte Welt, die einer Erfahrung aus der visuellen Logik als Raum nur metaphorisch zugängig zu sein scheint