422 Bedingungen der Irritation und Transgression des mechanischen Systems musikalischer Phrasen, die mit sprachähnlichen grammatikalischen Strukturen, dennoch möglichst bedeutungsneutral, realisiert wurden. Die Bedienung, also die Interaktion erfolgt über klanglich realisierte Wortsprache oder über Bewegung eines Joy-Stick, selten über tatsächliche eigene körperliche Bewegung, die Bewegung-Erregung-Klang-Koppelung nutzend. Dabei werden im umgebenden physikalischen Raum virtuelle Positionen aktiviert, deren Ergreifen mit Klängen rückgemeldet wird, die meist ikonisch entsprechenden Inhalten zugewiesen sind. Klangraum, der synästhetisch als Navigationsraum genutzt wird, findet sich in den Entwicklungen nicht. Websound (PETRUCCI et al. 1999) kombiniert haptische Empfindung mit vir-tuellem 3D-Audio-Environment als Web-Browser für Blinde. In einem ähnlichen virtuellen 3D-Auditory-Environment stellt sich noise als der für räumliche Navigati-on am besten geeigneter Sound heraus (LOKKI et al. 2000). Space-Illusion (Jauk, steirischer herbst 1996) und Liquid Space (Jauk & Ranzenbacher, Ars Electronica 1999) arbeiten ebenfalls mit noisy sounds unterschiedlicher Bandbreite; Zentralfre-quenz und Breite der Bänder sind durch entsprechende Bewegungen mit dem Körper moduliert. Diese künstlerischen Explorationen beruhen auf der (in Experimenten) berichteten Raumillusion aufgrund der Wahrnehmung von solchen Klängen, die üblicherweise durch die physikalische Übertragung des Schalls aus unterschiedlichen Raumpositionen der Quellen modifiziert sind, die als Sekundärinterpretation der Klangfarbe (vgl. JAUK 2000a6) und ihrer Veränderung die räumliche Illusion von Klangräumen und Bewegungen der Schallquellen erlauben, selbst bei (kostengünsti-ger) monophoner/raumneutraler Klangabstrahlung. Diese kognitiv psychologischen Interfaces habe hohe Nähe zu virtuellen Systemen abseits der Simulation und ob des (emotional besetzten) Signalcharakters von Klang hohe Immersion (siehe dazu die oben angeführten Darstellungen einer experimentellen Untersuchungsreihe, die in wechselseitigem Bezug zwischen wissenschaftlicher Beantwortung künstlerisch aufgeworfener Fragen steht und nicht einfach die Anwendung wissenschaftlicher Erkenntnisse in künstlerischen Environments ist – mehrere künstlerische Arbeiten gehen mit mehreren Untersuchungen einher). Die Auswahl aus ringförmig um den Kopf angeordneten akustischen Icons durch den point of view ist eine künstliche crossmodale Leistung, indem sie den Blick und damit das Sehfeld mit zeichenhaften Klängen positioniert im Raum verbindet. Trotz visueller Dominanz des Systems wird der Körper in spatial auditory environment in a ring topology (CRISPIEN & FELLBAUM 2000) stärker involviert als mit dem Handling der mouse, wird die Aktionsfläche des Gesichtsfeldes durch den Hörraum erweitert – seine immersiven Qualitäten werden jedoch außer Acht gelassen. Nicht zuletzt zeigen solche Sound-Anwendungen in Audio-Interfaces das Denken von audio-engineering und sind letztlich die Übertragung der visuellen Vorstellung auf die auditive, von sprachlichen auf die musikalische. Klang und seine musika-lische Gestaltung haben andere Potentialität als Icon bzw. Satz zu sein: Klang, Auditory-Space und Musik als willkürliche Struktur hedonisch gereihter syntak-tischer Elemente sind Stimuli, die das Ego-Involvement in der (kommunikativen) Situation Interface erhöhen und damit als motivationale Größen des Eintritts in virtuelle Welten wirken. 6 Und siehe den Anhang.