426 Bedingungen der Irritation und Transgression des mechanischen Systems sis ermöglichte kollektive Gestaltung generalisiert – die Rückbesinnung auf den kommunikationsbasierten Begriff Interaktion besitzt höheren Erklärungswert. Reaktivität und Interaktivität stehen grundsätzlich auf anderen wissenschaftlichen Konzepten und ideologischen Positionen. Reaktivität ist ein Terminus der Mechanik und baut auf einfache Stimulus – Response – Verknüpfungen. In Installationen dieser Art fungieren Schnittstellen als verlängerte Hebel, als möglichst rauschfreie Informationskanäle, Netz-Projekte sind durch unidirektional-telematische Regelung bestimmt, durch Fernsteuerung. Interaktion ist ein Terminus der Kommunikation. Das Modell Kommunikation ist befreit vom Zweck der Informationsübertragung, es impliziert Interaktion als Mittel der Gestaltung, wie sie die Interaktionsanalyse in Gruppen freilegt. Interaktion ist die wechselseitige Bestimmung von Ereignissen, die aktiv auf der Erfahrung solcher oder ähnlicher Ereignisse beruht. Dieses kogniti-onstheoretische Konzept impliziert, dass neue Information auf der Basis bisherigen Wissens interpretiert wird und zugleich das Wissen, die knowledge base verändert. Bisheriges Erfahrungswissen verleitet auch zu spezifischer Informationssuche, es wirkt als motivationale Kraft. In Termini der Artificial-Intelligence-Forschung stehen Agents in einem rekursiven Prozess; Information und Information-Nodes ändern sich durch den Prozess der Kommunikation (NIERSTRASZ & PAPATHOMAS 1990). Inhalt und Struktur der Kommunikation stehen dabei in wechselseitiger Beziehung. Information, Struktur der Kommunikation und Träger des Kommunikationsprozesses bilden eine untrennbare Einheit. In Termini der Computernetzwerke stehen Information und Information- Nodes in wechselseitiger Beziehung. »An agent is an entity that may change state as communicating with another agent. Complex agents that encapsulate a collection of cooperating agents may also change state due to hidden internal communications« (NIERSTRASZ & PAPATHOMAS 1990, S. 38). Es ist bezeichnend dass das Agieren solcher Systeme als Verhalten beschrieben wird, ein Terminus der Selbstorganisiertheit vielleicht sogar Selbstbestimmtheit impliziert und lebenden Organismen zugesprochen wird. Somit repräsentieren sol-che Systeme in einem weiten Sinne künstliches Leben – freilich nicht biologisches. Funktion hingegen bezeichnet meist (mono-) kausale Stimulus – Response – Ver-knüpfungen in der Art strenger Determiniertheit mechanischen Denkens. In dieser Terminologie stehen sich die kommunikationstheoretische und die mechanistische Sicht gegenüber. Das technoide Verständnis von Interaktion rekurriert auf den Informationsüber-tragungsbegriff von SHANNON (1949), wie z. B. der möglichst störungsfreien Über-tragung von Kommunikation am Vorbild der Technik des Telephons. Interaktion ist ein Terminus der Kommunikation, BALES (1950) verwendete ihn zur Kennzeichnung von gruppenpsychologischen Prozessen, die einerseits aktiv gestalten, andererseits durch diese Gestaltung entstehen – wesentlich dabei ist, dass diese Prozesse informel-le, also nicht durch zuvor gesetzte Strukturen geregelt, sind – in Selbstorganisation bilden sich diese Strukturen der Gestaltung aus diesem Prozess der Gestaltung. Die musikalische Struktur ist ein interaktiv geregelter Prozess. Musik ist ein Ereignis in der Zeit und somit per se eine diachrone Gestalt, die durch Bezüge des Vorher-Nachher interaktiv sich gestaltet. Musik ist weiterhin das wechselseitige synchrone Zusammenspiel mehrer, durch verschiedene Bezüge zueinander geregelter