428 Bedingungen der Irritation und Transgression des mechanischen Systems intuitivem nonverbalem körperlichem Verhalten und darin kommunikativem Charak-ter basiert, gerade auf diese Art informalisiert, demokratisiert, letztlich popularisiert und von solchem an ökonomische Machtverhältnisse gebundenen Bedienungs- und Handlungs-Wissen befreit Kunst zu einer alltäglichen Praxis macht. 8.2.3.5 Musik und Net-Art Impliziert Information ein gemeinsames Verständnis, so schafft Kommunikation ein gemeinsames Verständnis von Information und damit Gemeinsamkeit – diese politischen Implikationen von Interaktion exploriert Net-Art. Das Gemeinsamkeit- Stiftende und das Kollektivierende (de KERCKHOVE 1995) wie die damit verbundene Gestaltung aus informeller Kommunikation (JAUK 1999b) gehen in ihrem Bezug in die Definition von Net-Art ein. Derrick de KERCKHOVE (1995) beschreibt den Prozess der kollektiven Begriffs-findung von Net-Art der Jury zur Einordnung der Einreichungen nach der ersten Ausschreibung für einen Preis für Kunst im World Wide Web im Rahmen des Prix Ars Electronica 1995 und formuliert einige Kriterien: Net-Art müsse »gemeinschafts-bildend, -erweiternd, -erhaltend als Schwerpunkt haben« (de KERCKHOVE 1995, S. 38). »Eine weitere Besonderheit der Netzwerkkommunikation ist, daß sie kollektiv ist. Sie arbeitet mit und für Gruppen von Menschen, nicht nur mit Einzelpersonen der Reihe nach« (ebenda, S. 39). Von definitorischem Charakter für Net-Art ist die »sekundäre Echtzeit« [des Webs] »man könnte es erweiterte oder nichtlineare Echtzeit nennen.« (ebenda, S. 39). Mehrere, verschiedene Inputs verändern das Kommunikationssystem. Die Veränderung ist nicht direkt in Form von (unmittelbaren) Reaktionen zu erwarten, sondern aufgrund eines geänderten Verhaltens des Systems erschließbar (JAUK 1995a). Net-Art ist in gewisser Weise zielgerichtet: Identität oder virtuelle Entität zu generieren sollte als Motiv dem Prozess des Schaffens inhärent sein. Das sind »Formen und Funktionen eines virtuellen Wesens, das aus den komplexen, heteroge-nen Inputs tausender User, selbstorganisierend hervortritt« (de KERCKHOVE 1995, S. 41) und zwar »aufgrund eines Schaffens, das sich User-Input und Interaktivität zunutze macht« (ebenda, S. 44). Dabei ist weniger final als im Sinne von entwickelnd zu denken. Net-Art versteht sich in dieser frühen unverbildeten Phase als kollektives kommu-nikationsbasiertes Schaffen, das mittels Interaktion zu Entitäten führt, die nicht als Reaktionen auf einzelne Inputs vorhersagbar sind, sondern selbstorganisierend entste-hen, nur aus dem Verhalten des laufend sich durch den Prozess der Kommunikation ändernden Kommunikationssystems erschließbar sind. Net-Art ist kollektiv gestaltend aus informellen Prozessen von Interaktionen und damit zugleich kollektivierend. Eine von Reaktion unterschiedene Interaktion (JAUK 1995a) und damit Selbst-organisation eines Prozesses gemeinsamen Handelns mit dem Ziel ein kollektives Etwas zu generieren sind die zentralen Begriffe von Net-Art, aber auch von ge-wissen Formen der Musik. Net-Art gilt daher als musikalisch: »Obwohl Text und Bild im Werk des Netzes dominieren, ist die entstehende Kunst mehr der Musik zugetan und der Künstler einer, der musikalisches Verständnis zeigt«. Norbert