436 Bedingungen der Irritation und Transgression des mechanischen Systems Nutzung der Erfahrung des Verhaltens von Schall im Raum, eine Erfahrung, die auch in den Tonraum eingeht. Im virtuell Situativen liege das durch die Digitalisierung Neue. RÖSING (1996) führt dafür die digitale Neukomposition von drei isoliert eingespielten Soli am digitalen Schnittcomputer durch Bob Ostertag an. Selbst diese; mit dem musika-lisch Einzelnen und dem Gesamten mit Hilfe des Computers durchgeführte, die Möglichkeiten (dieser) Technologie überhöhende Komposition ist bereits in der Analogtechnik angelegt, denn die Arbeit ist mit den Möglichkeiten von Schnitt, Verarbeitung und Montage auf der analogen Mehrspurtechnologie machbar und geht mit ihrem Wesen konform. Selbst virtuelle Situationen wie telematisches Mitein-ander oder von künstlicher Funktion geregelte Komposition von Fremdmaterialien gründen ihr Sein nicht im Wesen der Digitaltechnik. Ihnen gemeinsam ist die Inter-aktion als Mittel der Gestaltung. Die Speicherung und ihre beziehende Verarbeitung (Mehrspurtechnologie), die Abkoppelung vom Hier und Jetzt, also die Loslösung von der Gleichzeitigkeit an einem Ort, die Nutzung von telematischen Räumen, das musikantische Miteinander abseits des Orts – die Digitaltechnik hat diese von Zeit und Ort abgelöste Produktionsform erleichtert. 8.3.3 Digitalisierung und Verfügbarkeit – Amateurismus und Distribution im www als Gestaltungsmethode Allgemeine Verfügbarkeit fördert Demokratisierung und damit horizontale Struk-turen; digitale Technologie und vor allem die mit ihr verwachsene Wirtschaft begünstigen dies. Verfügbarkeit hat dabei unterschiedliche Aspekte. Digitale Technik ist durch Miniaturisierung mit automatisierter Massenproduk-tion verbunden, die Low-Price-Technology und damit allgemeine Verfügbarkeit ermöglicht. Digitale Elektronik benötigt geringe Spannungen und erspart damit aufwendige Versorgungsteile. Bauteile für digitale Technologie basieren auf der Technologie unterschiedlich leitender Materialien und sind in ihrer Funktion durch Einbrennen programmierbar. Diese non-mechanischen technischen Bedingungen begünstigen die billige Massenproduktion und somit einen hohen Versorgungsgrad als soziale Implikation. Wie der Transistor das batteriebetriebene Kleinradio ermöglichte und damit durch die Abnabelung vom elterlichen Wohnzimmermusikschrank das Musikleben einer Generation, indem aus dem selbstbestimmten Musikkonsum das amateuristische Nachspielen erwuchs, hat der digitale Chip das Studio im Laptop ermöglicht und damit die Verfügbarkeit der Musikproduktion und ihrer Vermarktung gebracht. Die Loslösung von Großstudios mit ihren finanziellen und damit systemimmanent machtbedingten Schwellen des Zugangs und solchen, die über Leistungsstandards, über gelerntes richtiges Musizieren errichtet werden, erbringt die Emanzipation von Amateurismus. Technologie, Medien, populare und Medienkünste sind mit der Marktwirtschaft verwachsen. Pop-Kultur wie Kunst insgesamt unterliegen der Logik jener Ökonomie, nicht der (in regionalen Kreisen aus persönlicher, allgemein aus solcher in Ideologien gefasster moralischer Betroffenheit) politischen Verantwortung der öffentlichen Hand in der Unterstützung »des Fremden, des Unberechenbaren, des Dilettantischen,