8.3 Digitalisierung und Musik 437 Unausgereiften, Querstehenden jenseits der Zweck-Nutzen-Rechnung« (KISTERS 1988, S. 137). Abseits der grundlegenden Fragwürdigkeit, warum jene Mächte, gegen die Subversion betrieb wird, ihre Untergrabung finanzieren sollten, wird damit grundlegend authentische Subkultur der Werbewirksamkeit von Mainstream geopfert; Der Kulturkreis-Vorsitzende des Bundes Deutscher Industrieller (BDI), Arend Oetker untermauert seine Sicht: »Die heutige Kunst entwickelt sich auf dem freien Markt, und zwar aufgrund derselben Prinzipien, in denen auch das Unternehmertum verankert ist: Freiheit, Leistung, Wettbewerb, Elitebildung und soziale Verantwortung« (RAAP 1989, S. 213). Hat die Pop-Art diese Verquickung thematisiert, so ist sie heute markttragende Realität und der über die Pop-Kultur zur Unterhaltungskultur mutierten Kunst schreibt man den größten Marktwert der Zukunft zu. Pop-Kultur beansprucht aus authentizitätstheoretischer Sicht eine Gegenhaltung zu sein. Subversiv gegenüber der kapitalistischen Gesellschaft ist Medienkunst hingegen nicht. »Subversiv ist sie nur, insofern sie die sowieso enklavenhaften Gesetze des Kunstmarktes mit seinen Werten – originales Werk und originelles Subjekt – unterläuft, nicht aber gegenüber der kapitalistischen Ökonomie als solcher, der sich ihre reproduzierbaren und über die Kanäle der Massenmedien sendbaren Produkte fügen« (RÖTZER 1991, S. 14). Verfügbarkeit ist eine Implikation des Medienbetriebs als Wirtschaftsbetrieb; Mainstream wie Segementierung zielen auf flächendeckenden Verkauf. Angebot und Nachfrage werden letztlich gespeist aus kulturellen Nischen deren Haltung dadurch allgemein verfügbar wird. Im Medienspektakel Sex Pistols, das den verwertenden Aspekt kultureller Avantgarde gegen die Interessen der Medien nutzt, ist das Paradigma der antipodischen Symbiose zwischen Pop und den Medien demaskiert, ist die Avantgarde des Hackertums in der Massenkultur angelegt. Die Benutzung jener marktwirtschaftlichen Systeme über ihre Schnittstellen zur Öffentlichkeit ist die Markierung der Verfügbarkeit, ist die Logik des Hackertums in der digital culture. In der hedonischen Haltung der Hacker sind Medienbetriebe weniger zu meidende Feinde – erste alternative Bilder der Pop-Kultur der späten 60er Jahre – denn zu benutzende Institutionen. Ihre Benutzung nimmt ihnen die Macht, die ihnen die Gegnerschaft zu ihnen zugestehen würde: Gegenhaltung wird durch Gebrauch getauscht. Wenn auch Medienbetriebe und (Software-) Konzerne eigene Netzwerke betreiben, sind deren zum Verkauf notwendige Schnittstellen zur anonymen Öffentlichkeit die leicht nutzbaren Knoten für Hacker. Gezielt zum Wuchern gesäter Information Overflow durch sich selbst vermehrende (allgemein) Viren entpuppt sich oftmals als selbstgefälliges Spiel mit Macht, das mehr ästhetisierenden Selbstzweck als den bekundeten soziopolitischen Nutzen hat. Möglicherweise sind diese durch die prozes-suale Vermehrung digitaler Information im www ermöglichten Kampfinszenierungen mit Formen des Kitsches, Handlungs- wie Darstellungsformen, losgelöst von den Bedeutungskontexten (vgl. BROCK 1974). Willkürliche Codes erlauben als Formen der Vervielfältigung die Programmierung selbstgenerierender Prozesse und zeigen den grundlegenden Unterschied zur analogen technischen Reproduktion. Musik aus Codes nutzt solche (selbst-) generierenden