444 Bedingungen der Irritation und Transgression des mechanischen Systems 8.5 Musik als willkürliche, prozessuale Gestaltung und der hedonische Körper Jene ikonischen Qualitäten, die Intensitäten abbilden, jene Übertragung von zeitli-chen Abläufen im Vorher und Nachher der Schrift (orientiert am abendländischen Schriftsystem) jene Synästhesien, die in die Tonhöhenniederschrift wie in ihre Wahr-nehmung eingehen, die im Zueinander als Melodiekonturen im zeitlichen Verlauf innerhalb des Gesichtsfeldes erlebt werden, jene Generalisierung der Gravitation, die die Synästhesie von Höhe und Tiefe im Physikalischen wie im Musikalischen bestim-men dürften, jene Erfahrungen aus dem physikalischen Verhalten von Klängen, die als Sekundärinterpretation von Klangfarbe die Distanzwahrnehmung mitbestimmen, die letztlich Klänge stets räumlich erleben lassen und deren Objektivation sich im Tonraum findet, sind Eigenschaften der musikalischen Zeichen, die Reste eines Er-fahrungswissens aus der Körper-Umwelt-Interaktion, eines Subjekt-Objekt-Bezugs in sich tragen; sie provozieren Erfahrungen und damit entsprechende Erlebnisse. Zusätzlich zum Bezug des Klangs zum physikalischen Teil der Körper-Umwelt- Interaktion finden sich starke Bezüge zu deren emotionalen Teilen. Emotionales Ausdrucksverhalten, das einer kommunikativen Klang-Körper- Koppelung entspringt, wird in Musik kultiviert (KNEPLER 1977) und instrumenta-risiert (BLACKING 1977). Dem Signalcharakter entsprechend werden sich emotional besetzte ikonische Qualitäten finden, die das, was sie bedeuten und kommunizieren, in sich tragen. Klang wird zudem auf seinen erregenden Erzeuger verweisen. Ori-ginäres Musizieren beruht auf der Instrumentarisierung des Ausdrucksverhaltens, der Signalcharakter wirkt kommunikativ. Entsprechende basale Bezüge sind im Kapitel über Musik und Emotion behandelt; ihre Bedeutung für digital culture wird im Folgenden dargestellt: hedonisch dominiertes körperliches Musizieren ist Paradigma des Pop und als Interface in digital culture – Sound wirkt in beidem als emotional involvierende, immersive Größe. Der hedonische Charakter von Sound wirkt popularisierend in der digital culture. Digitalisierung ist jener Schritt der Mediatisierung, der Information als entmedia-tisierte Codes schafft. Am Beispiel der technischen Repräsentanz des Klanges sind die Schritte der Mediatisierung darstellbar: Klang ist ein Teil eines physikalischen Vorganges und untrennbar mit ihm vereint. Das Verhalten eines Gegenstandes, sein Schwingen, wird uns als Klang hörbar. Der Klang gibt Kunde vom Verhalten des Körpers – Klang ist Information als Teil des Ereignisses. Die technische Speicherung des Klanges und seine Übertragung ist die zeitliche und räumliche Entkoppelung des Klanges von seinem physikalischen Verursacher. Telematische Projekte explorieren jenen in der Musik mit der Schallplatte und zuvor der Rundfunkübertragung auch den Massen zugänglich gemachtes Mediatisie-rungsphänomen, bevor das Bild und die Bildenden Künste dies taten. Der gespeicherte und/oder übertragene Klang ist die entzeitlichte und dislozierte Information über das Ereignis – zeitlich und räumlich vom Ereignis abgekoppelt. Die Digitalisierung macht nun aus seinem analogen Verhalten codierte Infor-mation über den schwingenden physikalischen Gegenstand; in der Gestaltung der Codes ist dann Klang von seinem Verhalten entkoppelt – Digitalisierung schafft