Rankenwerk, das, an Disteln erinnernd, mit Leichtigkeit und Eleganz die Pfeifen umrankt und an der großen Orgel von St. Marien in Lübeck die gleichmäßige Strenge der Pfeifenfelder mildert.Am Prospekt der Marienkirche zu Dortmund, als dem spätesten in diese Reihe gehörenden, erblickt man Ornamentformen, die einer neuen Zeit entstammen. Seiner Gesamthaltung nach ist er zwar noch als gotisch anzusprechen. Aber die breite Empore weist im Ornament ein reizvolles Ineinander von spätgotischen und renaissance-mäßigen Formen auf. Hier zeigen sich außer einem aus gerollten Bändern bestehenden Flachornament bereits pilasterartige Formen, während an der linken Seite noch aufgelegte Fialen und gedrehte Säulchen mit winzigen Baldachinen vorherrschen – Denkmal einer stilistischen Zeitwende.[1]Durchweg zeichnen in dieser Zeit die Orgelbauer für die Anlage und Ausgestaltung des Prospektes verantwortlich. Als gelernte Tischler (Schnitger, Schnitzer) verfertigten sie in den meisten Fällen auch Rankenwerk und Architekturornamente. Vom Architekten gingen solche Entwürfe, im Gegensatz zur Renaissance- und Barockzeit, nicht aus. Die Maße, die Grund- und Aufrisse entstanden in den Werkstätten der Orgelbauer und pflanzten sich wie die Geheimnisse ihres technischen Könnens fort.[2]Die Kirchenbehörden besaßen zuweilen den Ehrgeiz, ihre Orgel möge die anderer Kirchen übertreffen; zuweilen galt eine Orgel alsVorbild. In einem zu Delft befindlichen Kontrakt vom Jahre 1455 wünschten sich die Kirchherren ein Werk äußerlich wie das zu Leiden, klanglich wie das zu Utrecht. Der Orgelbauer machte es jedoch so, daß „het uiterlijk fraaier was dan dat te Leyden en wat geluid betrof dat van Utrecht overtrof\":[3]Man hat in Kunstschriften des Barock und der deutschen Romantik zuweilen die Baukunst mit einer erstarrten Musik verglichen. Mit dem selben Recht könnte man diese Orgelprospekte einen tönenden Bau, ein klingendes Bild nennen! Zweck der Orgel sollte sein, nicht nur——————————[1] Vgl. auch Harenkarspel.[2] Vgl. F. Hellwag, Geschichte des deutschen Tischlerhandwerks, Berlin 1924 S.466.[3] Vente S. 112.-19-