Musik zu machen, sondern durch den Prospekt bereits die Vorstellung von Musik im Beschauer zu erwecken.[1] Die spätgotischen Orgelprospekte sind in Aufbau,Verteilung der Pfeifen und in der Ornamentik Wunderwerke der Schönheit, geheimnisvolle Zeugen einer entschwundenen Klangwelt. In demVerhältnis der sichtbaren Pfeifen zueinander und zu dem zierenden, das Ganze verbindenden und krönenden Ornament sind sie schon so vollendet, daß spätere Zeiten nur wenig noch zu verändern fanden.Zwischen Gotik und BarockDie erste Hälfte des 16. Jahrhunderts brachte mit der Renaissance für die bildenden Künste eine neue Formenwelt. Sie stellte auch lür den Orgelprospekt neue künstlerische Forderungen auf. Die Übergänge sind in jedem Falle fließend (Konstanz, Münster 1518; Dortmund, St. Marien um 1530). Es handelt sich bei der Renaissanceorgel – wenn man diesen Ausdruck für die in der Zeit von etwa 1510 – 1600 gebauten Werke gelten lassen will – nicht nur um eine neue Ornamentik; die alte Großmixturorgel selbst wird durch die fortschreitende Entwicklung in ihrem Gefüge erweitert und verändert. Der bisherige Prospekt hatte das Hauptwerk, oder einfach „das Werk\" wiedergegeben. Nun wuchsen der Orgel langsam andere „Werke\" zu, die als Oberwerk oder Rück-Positiv Anspruch auf Geltung erhoben.[2] Man fängt an, große gotische Orgeln mit Rück-Positiven auszustatten, so in dem an Rück-Positiven armen Norddeutschland, wo man solche bisher nur an der Ägidienorgel in Braunschweig und an der Michaelisorgel in Lüneburg kennt; [3] ihnen folgen 1548 St. Petri in Hamburg (Hinrich Niehoff), die Totentanzorgel in St. Marien, Lübeck 1558 (Jakob Scherer) der Dom zu Braunschweig um 1560 (Johannes Thomas),——————————[1] „Die Orgel ist der Instrument gewordene Kirchenraum. – Wahre Orgelmusik ist klanggewordener Kirchenraum\". (O. Beyer: Bach) – Vgl. Fidelis Böser, Orgel und Liturgie, im FreiburgerOrgeltagungsbericht S. 94. – Wester a. a. O., S. 355: „Die Orgelfassade .... eine großenteils reinfunktionale Form, die auf mannigfache Weise eine musikalische Wirklichkeit zu architektonischem Ausdruck bringt.\" – Zu erinnern wäre auch an die holländischen Architekturbilder, aufdenen selten die Orgel fehlt. (P. Saenredam).[2] Chr. Mahrenholz, Die Orgelregister, Kassel 1930, S.288/289.[3] Praetorius, Abb. XXVIII; vgl. Anm. 17.-20-