klare Formen und überschaubare Feldergliederung vor. Die großen Pfeifenkästen – an Stelle der früheren Türme mit Urnen gekrönt, gemahnen in ihrer Strenge an die Form der Säule. In Neresheim erinnert zwar die Aufteilung des Prospektes zwischen den Fenstern noch an das ornamentale Vorbild, etwa Weingartens. Aber wie nüchtern sind die Formen geworden! Die großen Pfeifenkästen wirken erdacht und vermitteln ebensowenig wie in Rot eine Vorstellung von den Absichten des Orgelbauers. Diese Orgeln mit ihrer Ornamentik von Urnen, Medaillons und Lorbeergehängen stehen zu ihrem Vorteil in Kirchenräumen, deren Innenausstattung in ähnlicher Stilgesinnung erbaut ist.[1] Wie fremd mußten sich diese Prospekte in mittelalterlichen Kirchen ausnehmen! Dieser Fall liegt bei den Prospekten des Orgelbauers Jacob Courtain vor.[2] Sein Wirkungsfeld erstreckte sich während der beiden letzten Jahrzehnte des 18. Jahrhunderts über den Niederrhein, Westfalen, die Grafschaft Bentheim und das Osnabrücker und Oldenburger Land. Bei seinem größten bis 1944 erhalten gebliebenen Prospekt in der St. Marienkirche zu Osnabrück, zu dem er selbst den Entwurf gemacht hatte, erscheinen an den Seiten Baßtürme, dazwischen schieben sich willkürlich runde, ovale und eckige Pfeifenfelder, die als Verlegenheitslösung wirken. In einer in der Mitte des Prospektes befindlichen Nische hatte er einen Blumenkorb vorgesehen, an dessen Stelle der Bildschnitzer später die Figur eines schönen Jünglings „genannt Kunstgeist\" machen mußte. Das an der Emporengalerie ursprünglich vorgesehene Bild des Lammes wurde in eine Trophäe von Musikinstrumenten umgewandelt. Die ganze Kälte einer aufgeklärt-rationalistischen Zeit, die den Zusammenhang mit der Vergangenheit verloren hatte, spricht aus diesen Prospektgedanken, die in der Vorstellung von einem Bilde des Kunstgeistes gipfelten. – Eigenartig auch, aber in Harmonie mit dem Innenraum muß Courtains Prospekt in der in klassizistischen Formen erbauten St. Lambertikirche zu Oldenburg gewesen sein, dessen zwei ein wenig vorgezogene Pfeifenfelder durch einen von zwei Genien (!) getragenen——————————[1] Vgl. W. Supper und H. Meyer, Barockorgeln in Oberschwaben a. a. O. Tafel XIII – XV.[2] Vgl. G. Schwake, Der Orgelbauer J. Courtain a. a. O.-48-