- 104 -Kayser-Kadereit, Claudia: Das Laiensinfonieorchester im Horizont von Anspruch und Wirklichkeit 
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Abb. 4.41: Werke für Sologesang und Orchester


haben kein Echo bei den Laienorchestern gefunden, sondern es ist eher das Gegenteil eingetreten. Eine Distanzierung vom klassischen Konzertrepertoire professioneller Sinfonieorchester ist im Bereich der Sinfonien nicht zu erkennen. Die klassische und romantische Sinfonie steht im Repertoire an zentraler Stelle, allerdings fällt den einzelnen Werken eine unterschiedliche Gewichtung zu. Dabei ist das Bemühen der Laienorchester erkennbar, sich zunehmend die sinfonische Literatur der Romantik zu erschließen, die lange als für Laienorchester indiskutabel galt. Die stilistische Vertrautheit ist bei allen gespielten Werken durch mediengestützte Hörgewohnheiten (CD, Radio) gegeben. Publikumswirksamkeit und Bekanntheitsgrad der Werke können in dieser Kategorie als überdurchschnittlich groß veranschlagt werden, so daß ein Bildungsinteresse der Instrumentalisten in der detaillierten Erarbeitung und eigenen Ausführung der vom Höreindruck vertrauten Werke besteht. Einzelne Werke, wie die ›Unvollendete‹, die ›Schicksalssinfonie‹ (bis ca. 1977), die ›Sinfonie mit dem Paukenschlag‹ oder die Sinfonie ›Aus der Neuen Welt‹ haben hier möglicherweise einen psychologischen Bonus aufgrund ihres Beinamens und ihrer musikgeschichtlichen Begleitumstände, welche einen gewissen ›Boulevard-Effekt‹ bewirken (warum beendete Schubert seine ›Unvollendete‹ nicht? / Beethovens ›Schicksalssinfonie‹- wessen Schicksal ist gemeint? / Dvor ák schreibt aus dem ›Land der unbegrenzten Möglichkeiten . . .‹).49
49 Man vergleiche entsprechende Passagen in RECLAMS KONZERTFÜHRER, die das Meinungsbild des durchschnittlichen Konzertbesuchers beeinflussen: »Wir wissen nicht, warum Schubert seine h-moll-Sinfonie im Jahre 1822 ›unvollendet‹ beiseite legte. Er mag gefühlt haben, daß die beiden vorliegenden Sätze das Mögliche bereits ausschöpften, daß sie in ihrem Empfindungsreichtum bereits eine in sich ›vollendete‹ Klangwelt bildeten, daß ein ›Darüber hinaus‹ ihrem inneren Gesetz widersprach und damit sinnlos war. Möglich auch, daß ihn Zweifel an seiner Gestaltungskraft befielen, daß er darunter litt, das Gesetz der ›Form‹ nicht erfüllen zu können.« (S. 210); »Niemals zuvor wurde Ähnliches gestaltet. Es ist überliefert, Beethoven habe dem ersten Satz und besonders seinem tragenden Motiv das Motto mitgegeben: ›So pocht das Schicksal an die Pforten.‹« (S. 146); Dvor ák: »Das Seitenthema des 1. Satzes erscheint in Flöte und Oboe. Durchaus nicht mehr Europa spricht aus ihm, sondern die ›Neue Welt‹ [. . .] Es wird kurz zurückgedrängt, reißt dann aber die Herrschaft völlig an sich, um sie erst spät an das zweite, durchaus amerikanische Thema abzutreten, das selbstherrlich in der Flöte erscheint. Damit ist das thematische Material gegeben: ein böhmisches Thema (der Held), zwei amerikanische Themen (die Neue Welt).« (S. 435).
Als Darbietungsform

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