- 141 -Kestenberg, Leo (Hrsg.): Kunst und Technik 
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DER SCHAFFENDE MUSIKER UND DIE TECHNIK DER GEGENWART

VON

ERNST KRENEK


Wenn wir unter Technik, wie es dem Sprachgebrauch gemäß ist, die Gesamtheit der Maßregeln verstehen, die der Mensch ins Werk gesetzt hat, um sein Leben gegen die feindlichen Naturkräfte zu sichern und darüber hinaus das Maß von Arbeitskraft, die auf die Sicherung und Erhaltung des äußeren Lebens angewendet werden muß, immer mehr zu reduzieren, so scheint sich zunächst überhaupt keine naheliegende Beziehung von Technik und Kunst zu ergeben, es wäre denn die, daß Kunst in höherem Sinne sich erst in einem hinreichend gesicherten und relativ leicht zu erhaltenden Leben entwickeln kann. In den Epochen höchster Kultur sehen wir dann ein Übergreifen der Kunst auf das Technische, indem sie aus einer Überfülle der Gestaltungskraft die technischen Gegenstände, die dem materiellen Leben des Alltags dienen, mit kunstreicher Schönheit schmückt. Aber auch dann bleiben die Sphären immer noch durchaus getrennt, obgleich sie gerade in alter Zeit das gemeinsame Merkmal der Handarbeit aufweisen. Der Kunstgegenstand entsteht genau ebenso wie der dem Alltag dienende gewerbliche durch die individuelle Bemühung des einzelnen Menschen. Trotzdem hat aber das griechische Altertum schon eine Unterscheidung gekannt, und zwar eine sehr bemerkenswerte, indem es den Begriff der Kunst noch strenger faßte als wir es tun: zur Kunst im engeren Sinn gehörte eigentlich nur Geistarbeit, der Bildhauer z.B. war schon ein “Banause“, ein Mensch, der allzu direkt, vor allem durch schwere körperliche Arbeit, mit der Materie in Verbindung stand, um als Künstler zu gelten. Diese echt aristokratische, feudale Auffassung der sozialen Stellung des Künstlers bleibt in den verschiedensten Ausprägungen eigentlich in der ganzen abendländischen Kultur erhalten. Noch im Beginn des 19. Jahrhunderts gehört der Musiker ein wenig zu den Lakaien und andern Hofangestellten, die zur Belustigung und Bedienung des Herrn ihre Hände rühren. In der soziologischen Beurteilung gehören also Kunst und Technik absolut zusammen, indem der erfindungsreiche Schneider


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