- 5 -Kestenberg, Leo (Hrsg.): Kunst und Technik 
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VORWORT


Die Beziehungen von Kunst und Technik stehen heute im Mittelpunkt des allgemeinen Interesses. Um so größer ist die Verantwortung für den, der diese Beziehung darzustellen versucht. Denn nichts wäre leichtfertiger, als einfach das Loblied dieser schönen Zeitgemäßheit zu singen und die Dinge vor dem Auge des Lesers so abrollen zu lassen, wie sie dem oberflächlichen Beschauer im täglichen Leben sich darzubieten pflegen. Um einen tieferen, über den Alltag hinaus gültigen Standpunkt zu gewinnen, sind wir verpflichtet, uns mit den Wurzeln der Begriffe auseinanderzusetzen, die Teile für sich zu betrachten und dann erst eine Synthese der Beziehungen anzustreben.


Lösen wir also zunächst einmal die Verbindung “Kunst und Technik” und betrachten wir die Technik für sich allein, so erhalten wir sofort ein lebendiges, farbenreiches Bild der Gegenwart, deren stärkste Triebkraft die Technik ist. Die Technik ist der Motor dieser Epoche. Ihr Einfluß ist maßgebend für das Gesicht der Zeit. Aus den Konsequenzen der technischen Entwicklung leiten sich die meisten Erscheinungen ab, die im wirtschaftlichen, sozialen und politischen Prozeß auftreten. Hier sei nur an die Rationalisierung des Arbeitsprozesses in der Industrie erinnert mit den vielfachen Folgeerscheinungen auf dem Arbeitsmarkt. Wenn die Form dieser Zeit demokratisch genannt werden kann, so ist es auch gewiß, daß die Technik der stärkste Träger dieser demokratischen Zeitform genannt werden muß. Das Interesse breitester Volksmassen ist heute für die politische und allgemein menschliche Ausgestaltung des Lebens geweckt. Aber was wäre dieses ganze Interesse, wenn die Menschheit nicht die Mittel besäße, sich die Lebensgüter anzueignen, sie auf schnellste Weise zu verteilen, sie so zu vermehren, daß das Bedürfnis nicht einzelner, sondern der Menge befriedigt wird? Und wer anders gibt uns die Möglichkeit dieses schnellen, weitreichenden Austausches von Gedanken, Waren, Werten, Stoffen, wenn nicht die Technik? Wenn der Mensch des 20. Jahrhunderts seine Ideen ausstrahlen kann in jede Richtung, in jeden Raum, so verdankt er das der Technik. Das ist eine Feststellung, die, weitab von jeder Verherrlichung des Zeitgeistes, einfach mit den Tatsachen rechnet.


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