- 63 -Kestenberg, Leo (Hrsg.): Kunst und Technik 
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MUSIK UND GESELLSCHAFT

VON

PAUL HONIGSHEIM


I


Schon die Überschrift, die diesen Zeilen vorangesetzt worden ist, wird vielleicht bei manchem Leser ein Unbehagen hervorrufen. Und das aus mehr als einem Grunde. Man wird einerseits darauf hinweisen, Musik sei eine Kunst, die bestenfalls ihrer Eigengesetzlichkeit folge. Andererseits wird man aber das Irrationale, das Unberechenbare der Entwicklung betonen und aus der Befürchtung heraus, die ganze Betrachtung werde in eine Erörterung der Wahrscheinlichkeiten zukünftiger Tonkunst-Entwicklung ausmünden, die Berechtigung eines solchen Tuns ableugnen. Beiden Einwänden ist aber entgegenzuhalten: Nichts in der Weltgeschichte und keine Veränderung auf irgendeinem Gebiete geht vor sich, die nicht durch eine Menge von Faktoren mitbedingt ist, die scheinbar ganz abseits liegen und auf den ersten Blick nicht das geringste mit den fraglichen Erscheinungen zu tun zu haben scheinen. Nun ist es aber dem Zusammenwirken einer Anzahl von Einzelwissenschaften geglückt, derartige Ursachen herauszuarbeiten und insbesondere gewisse Regelmäßigkeiten festzustellen. Kennen wir solche aber, so vermögen wir auch derartige Einsichten auf Gegenwart und Zukunft anzuwenden und, ohne uns den Vorwurf gefallen lassen zu müssen, Phantasten zu sein, einiges über das Kommende vorauszusagen. Nicht als ob wir eindeutig zu bestimmen in der Lage wären, was geschehen wird. Wohl aber können wir von vorhandenen Entwicklungstendenzen reden sowie feststellen, inwiefern gewisse Wahrscheinlichkeiten bestehen, daß bei einem Wirken in bestimmter Richtung hin ein Erfolg eintreten wird. Gilt dies ganz im allgemeinen, so nicht zuletzt auch von der Musik. Wir vermögen es also, uns ein Bild zu entwerfen, welchen Weg sie voraussichtlich einschlagen wird und inwiefern der Mensch sie durch seinen Willen zu beeinflussen vermag.


Dann müssen wir aber vorher eine andere Aufgabe erledigen. Und zwar haben wir dies festzustellen: An welchem Punkt innerhalb ihres Werdeganges sind wir angelangt? Ein historischer Rückblick wird uns dies kundtun.


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