- 88 -Kietz, Nicola: Musikverstehen und Sprachverstehen 
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Chomskys, die ebenfalls eine Theorie der Kompetenz eines idealen Sprechers/Hörers (s. Kap. 2.2.4) ist. Die Autoren betonen allerdings, daß linguistische Konzepte nicht einfach unbedacht übernommen werden:

"If we have adopted some of the theoretical framework and methodology of linguistics, it is because this approach has suggested a fruitful way of thinking about music itself. If substantive parallels between language and music emerge [...], this is an unexpected bonus but not necessarily a desideratum." (ebd., S. 6)

Das ist übrigens genau der Punkt, den sie Sundberg/Lindblom und anderen Anwendern linguistischer Methoden (z.B. Bernstein 1981) vorwerfen: die unkritische Übertragung linguistischer Aspekte auf musikalische Phänomene (Lerdahl/Jackendoff 1983, S. 5).
Lerdahl/Jackendoff stehen außerdem auf dem Standpunkt, daß es in der Musik - anders als in der Sprache - nur an zweiter Stelle darum geht, darzulegen, was möglich (grammatisch) oder unmöglich (ungrammatisch) ist, sondern vielmehr darum, die Mehrdeutigkeiten musikalischer Passagen offenzulegen (s. Lerdahl/Jackendoff 1983, S. 9). Die Darstellung wird dabei auf zwei Aspekte musikalischer Struktur beschränkt: die Festlegung von Wahrnehmungseinheiten und die hierarchischen Relationen zwischen diesen Einheiten. Hier ist anzufügen, daß es den Autoren auf die Beschreibung des strukturellen Wissens des Hörers ankommt und nicht auf die kognitiven Prozesse, die zum Verstehen der musikalischen Strukturen führen. Die Frage, als was und nicht wie der Hörer eine musikalische Struktur versteht, steht im Mittelpunkt der Ausführungen.

Um das Gesagte zu verdeutlichen, soll die Theorie tonaler Musik in groben Zügen dargestellt werden.
Laut Lerdahl/Jackendoff müssen vier Arten struktureller Analyse/ Repräsentation, die alle hierarchisch gegliedert sind, unterschieden werden :

Die Fachtermini werden absichtlich nicht übersetzt, da ihr Sinn meiner Ansicht nach dabei höchstens verfremdet wird. Ihre Bedeutung kann besser aus den nachfolgenden Erklärungen erfaßt werden.

grouping structure, metrical structure, time-span reduction und prolongational reduction.

Als erster Anhaltspunkt mag folgende Definition genügen: Die grouping structure unterteilt die Musik in hierarchisch organisierte zeitliche Segmente (Motive, Phrasen, etc.), die metrical structure weist ihr ein metrisches Betonungsmuster zu, und auf der


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