- 301 -Kinzler, Hartmuth (Hrsg.): Musik und Leben 
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die jeweils (wie zuvor auch schon) einen halben Takt umfassen, sind [IV]-VII7-III-VI7-II-V7. (Die Dreiklänge und Septakkorde haben durch die spezielle Führung der Sechzehntel der linken Hand jeweils einen zwischengeschalteten Mediantklang auf der dritten Zählzeit, so daß auch eine Stufenfolge IV-II-VII7-III-I-VI7-II-VII-V7 unterlegt werden kann.) Danach eine weitere Ausdehnung dieses Halbschlusses in A-Moll mit Doppeldominanten bis zum Beginn der Reprise.

Schluß-Resümee: »Musik« mit Quintfallsequenzen hat ein »Leben« durchaus auch außerhalb des Harmonielehreunterrichts – und lebt damit, zumindest bei den Meistern der Tonkunst, nicht schlecht.

Nachtrag Juli 2003

Wie das »Leben« so spielt – kurz vor Drucklegung stieß ich in einem Seminar über Mozarts späte Symphonien auf zwei Quintfallsequenzenfälle, die es wert sind, an dieser Stelle erwähnt zu werden. Zum einen: Im ersten Satz der G-Moll-Symphonie KV 550 ist eine reale Quintfallsequenz konstitutiv für den Nachsatz des Seitensatzthemas (Takt 48 f.). Bei dessen unmittelbarer Wiederholung erfolgt – darin der zentralen Idee des Brahms-Beispiels nicht unähnlich – eine Veränderung: zur chromatischen Oberstimme tritt eine zweite chromatische Linie (Violine II, Takt 56 f.) in parallelen übermäßigen Quarten (alternierend mit verminderten Quinten) hinzu. Die Quintfallmechanik greift hinüber in den anschließenden Formteil; die Reprise kennt wiederum eine andere Führung der Nebenstimmen (auch die Harmonik ist dort geringfügig geändert).

Zum andern: In einem Rückleitungsteil der Durchführung des zweiten Satzes eben dieser Symphonie (Takt 67 mit Auftakt) halbiert Mozart die Anzahl von 12 Quintschritten, die erforderlich wären, um bei einer realen Sequenz wieder zum Ausgangsakkord (G7) zurückzugelangen, indem er in der Mitte eine Tritonus-Substitution vornimmt (statt eines B-Dur-Septakkordes mit fehlender Quinte steht der E-Dur-Septakkord mit weggelassenem Grundton und tiefalterierter Quinte im Baß). Diese enharmonische Umdeutung war nicht nur wiederum im Brahms-Beispiel anzutreffen (F7/H7), sondern ist auch zentrales Element in der Altmann-Novelle am Ende diese Bandes. Letztes Detail: der dafür nötige Umdeutungsvorgang (gis = as) ist bei Mozart gesplittet – die zweite Klarinette notiert b = klingendes as, die Violinen zur gleichen Zeit bereits gis!


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