Die Funktionen des Arbeitsgedächtnisses
Baddeleys Modell des Arbeitsgedächtnisses geht von zwei Komponenten aus
(vgl. Hasselhorn/Werner 2000; Bednarczyk 2000; Grube 1998): der artikulatorischen
Schleife (auch als phonetischer Speicher bezeichnet) und dem inneren Sprechen
(›rehearsal‹). Die artikulatorische Schleife ist ein passives Speichermedium, akustische
Informationen werden hier für eineinhalb bis zwei Sekunden aufrechterhalten. Der
danach erfolgende Zerfall – mit anderen Worten das Vergessen – ist dann aufzuhalten,
wenn der aktive Prozess des inneren Sprechens – das ›rehearsal‹ – eintritt. Durch die
interne Wiederholung der Eindrücke können diese länger gespeichert werden.
Bemerkenswert ist, dass die artikulatorische Schleife auch in der Lage ist, visuell
angebotene Informationen phonetisch umzukodieren. Mit dem Auge aufgenommene
Eindrücke werden dabei in begriffliche Repräsentationen umgeformt (vorne/hinten,
oben/unten usw.).
Verschiedene Faktoren beeinflussen die Leistung des Arbeitsgedächtnisses,
darunter die Wortlänge: Grundsätzlich können mehr kurze Wörter behalten
werden als lange. Außerdem besteht ein Zusammenhang zwischen der Fähigkeit
des Nachsprechens mit der Behaltensleistung: je schneller das Sprechen, umso
größer ist die Merkfähigkeit. Dieser Effekt der Nachsprechrate gilt auch für das
›rehearsal‹: das innere, lautlose Sprechen. Mit anderen Worten: Personen, die schnell
nachsprechen können, sind auch in der Lage, innerlich schnell zu sprechen
– und verfügen damit über eine höhere Gedächtnisleistung als Personen, die
langsamer sprechen. Ein weiteres experimentell beobachtetes Phänomen ist der so
genannte ›recency effect‹: bei direkter Wiedergabe von Items werden die zuletzt
angebotenen Stimuli besser reproduziert, wohl weil sie sich noch in der phonetischen
Schleife befinden. Als ›primacy effect‹ ist die Beobachtung benannt, dass bei
Wiedergabe nach einer Pause die ersten Items besser wiedergegeben werden,
vermutlich weil diese schon in den Langzeitspeicher übertragen wurden. Das
Anbieten von ähnlich klingenden Items verringert die Behaltensleistung. Auch
das Sprechen sinnloser Silben gleichzeitig mit Behaltensaufgaben reduziert die
Lernleistung.
Hier eine Zusammenfassung der experimentell beobachteten Phänomene:
Wortlängeneffekt |
da die Kapazität des phonetischen Speichers auf
eineinhalb bis zwei Sekunden begrenzt ist, können
mehr einsilbige als mehrsilbige Wörter behalten
werden |
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Sprechrate =
Rehearsaltempo |
das persönliche Sprechtempo bedingt die
Geschwindigkeit des inneren Sprechens |
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Rehearsaltempo =
Gedächtnisleistung |
je größer die Geschwindigkeit des inneren
Nachsprechens, umso größer die Behaltensleistung |
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Umkodierung räumlich-
visueller Eindrücke |
räumlich-visuelle Informationen werden in verbale
Informationen umkodiert und so dem inneren
Sprechen zugänglich |
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›recency effect‹ |
bei direkter Wiedergabe werden die
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