- 86 -Lehmann, Silke: Bewegung und Sprache als Wege zum musikalischen Rhythmus 
  Erste Seite (i) Vorherige Seite (85)Nächste Seite (87) Letzte Seite (264)      Suchen  Nur aktuelle Seite durchsuchen Gesamtes Dokument durchsuchen     Aktuelle Seite drucken Hilfe 

Die Funktionen des Arbeitsgedächtnisses

Baddeleys Modell des Arbeitsgedächtnisses geht von zwei Komponenten aus (vgl. Hasselhorn/Werner 2000; Bednarczyk 2000; Grube 1998): der artikulatorischen Schleife (auch als phonetischer Speicher bezeichnet) und dem inneren Sprechen (›rehearsal‹). Die artikulatorische Schleife ist ein passives Speichermedium, akustische Informationen werden hier für eineinhalb bis zwei Sekunden aufrechterhalten. Der danach erfolgende Zerfall – mit anderen Worten das Vergessen – ist dann aufzuhalten, wenn der aktive Prozess des inneren Sprechens – das ›rehearsal‹ – eintritt. Durch die interne Wiederholung der Eindrücke können diese länger gespeichert werden. Bemerkenswert ist, dass die artikulatorische Schleife auch in der Lage ist, visuell angebotene Informationen phonetisch umzukodieren. Mit dem Auge aufgenommene Eindrücke werden dabei in begriffliche Repräsentationen umgeformt (vorne/hinten, oben/unten usw.).

Verschiedene Faktoren beeinflussen die Leistung des Arbeitsgedächtnisses, darunter die Wortlänge: Grundsätzlich können mehr kurze Wörter behalten werden als lange. Außerdem besteht ein Zusammenhang zwischen der Fähigkeit des Nachsprechens mit der Behaltensleistung: je schneller das Sprechen, umso größer ist die Merkfähigkeit. Dieser Effekt der Nachsprechrate gilt auch für das ›rehearsal‹: das innere, lautlose Sprechen. Mit anderen Worten: Personen, die schnell nachsprechen können, sind auch in der Lage, innerlich schnell zu sprechen – und verfügen damit über eine höhere Gedächtnisleistung als Personen, die langsamer sprechen. Ein weiteres experimentell beobachtetes Phänomen ist der so genannte ›recency effect‹: bei direkter Wiedergabe von Items werden die zuletzt angebotenen Stimuli besser reproduziert, wohl weil sie sich noch in der phonetischen Schleife befinden. Als ›primacy effect‹ ist die Beobachtung benannt, dass bei Wiedergabe nach einer Pause die ersten Items besser wiedergegeben werden, vermutlich weil diese schon in den Langzeitspeicher übertragen wurden. Das Anbieten von ähnlich klingenden Items verringert die Behaltensleistung. Auch das Sprechen sinnloser Silben gleichzeitig mit Behaltensaufgaben reduziert die Lernleistung.

Hier eine Zusammenfassung der experimentell beobachteten Phänomene:

Wortlängeneffekt

da die Kapazität des phonetischen Speichers auf eineinhalb bis zwei Sekunden begrenzt ist, können mehr einsilbige als mehrsilbige Wörter behalten werden

Sprechrate =
Rehearsaltempo

das persönliche Sprechtempo bedingt die Geschwindigkeit des inneren Sprechens

Rehearsaltempo =
Gedächtnisleistung

je größer die Geschwindigkeit des inneren Nachsprechens, umso größer die Behaltensleistung

Umkodierung räumlich-
visueller Eindrücke

räumlich-visuelle Informationen werden in verbale Informationen umkodiert und so dem inneren Sprechen zugänglich

›recency effect‹

bei direkter Wiedergabe werden die


Erste Seite (i) Vorherige Seite (85)Nächste Seite (87) Letzte Seite (264)      Suchen  Nur aktuelle Seite durchsuchen Gesamtes Dokument durchsuchen     Aktuelle Seite drucken Hilfe 
- 86 -Lehmann, Silke: Bewegung und Sprache als Wege zum musikalischen Rhythmus