Variante 2: »Da bin ich neugierig geworden.«
Konkrete Erwartungen oder sogar aus der bisherigen Arbeit erwachsene Bedürfnisse
nach den Möglichkeiten des MIDI- oder Hardiscrecordings spielen eher eine
untergeordnete Rolle. Die Begegnung mit den Möglichkeiten des PC-gestützten
Musizierens ist meist unvermittelt. Oft geschieht sie durch eine Vorführung im
Bekanntenkreis:
Ich saß eines Tages ganz zufälligerweise bei einem Kumpel, und der hat mich
dann mit seiner Kiste überrascht. [...] [Da habe ich dann gedacht:] »So kann
man das also auch machen!« (Amir I.)
Am Anfang war ein Freund, der schon so was gemacht hat, ein Studio
gehabt hat. Ich war dann bei ihm und habe geguckt und fand das alles
ganz interessant und habe halt angefangen und habe als erstes ein Keyboard
gekauft. Und dann halt für das Sequencing angefangen mit dem Atari Musik
zu machen (Roland S.).
Das kam durch den Freund. [...] Er hat mir das mal kurz gezeigt (Felix E.).
Auch Susanne M.’s Begegnung mit digitaler Recording-Technik war eher durch Zufall
denn durch zielgerichtetes Herangehen geprägt:
Ich bin neugierig geworden, durch Erzählung, was alles möglich ist. Ich hatte
das Gefühl, so ein Computer ist so ein bisschen wie ein Kaleidoskop auf
die Musik [...]. Ach ja, wo ich es gesehen habe: Radio Bremen, da durfte
ich mal zuschauen. Die haben da riesige Anlagen, wo die das ganze Stück
dann graphisch aufgelöst haben. Und du siehst das ganze Stück vor dir, und
du kannst dann eine Stimme rausnehmen. Du kannst die rauslöschen, du
kannst die auch nur hören. So Sachen, die man gar nicht so kennt. [...] Ein
ungewohnter Blick, und das hat mich sehr fasziniert. [...] [Und] ich glaube,
als H. [ein befreundeter Musiker] damit angefangen hat, habe ich das erste
Mal Blut geleckt.
Im Gegensatz zu Amir I., Felix E. und Roland S. verfügt Susanne M. aber über eine
langjährige intensive musikalische Praxis mit Aktivitäten in diversen Bands. Anders aber
als bei den in Variante 1 beschriebenen Musikern erwirbt sie ihre Software mit eher
vagen Zielvorstellungen:
Dann habe ich gedacht, es ist glaube ich auch ein Schlüssel, um selbst in
diesem Amateurbereich ein bisschen besser arbeiten zu können. Weil wie
ich das gesehen habe, sind die meisten Musiker, was Technik angeht, ein
bisschen spärlich oder wollen nicht so richtig. Die Einzigen, die da wirklich
mit umgehen können sind eigentlich Computerfreaks. D. h., es fehlt dieses
Mittelstück. Und diese Verbindung. Und dann dachte ich, das ist eine gute
Sache, sich ein bisschen da reinzusetzen in diese Lücke. Es ist dann oft so,
dass diese Computerfreaks dann Musiker brauchen, die mal reinspielen, und
diese Musiker dann selbst nur auf Kommando spielen. Wenn das verbunden
wird, scheinen mir da wirklich ganz neue Perspektiven auf uns zuzukommen.
Das fand ich sehr reizvoll.
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