- 201 -Müßgens, Bernhard: Musik und Angst 
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in den Klangfarbenkompositionen der Fünf Orchesterstücke opus 16 (im besonderen in dem dritten, Farben benannten Satz) sowie im Monodram Erwartung (Vgl. op. 17, 7-9. Takt 49-71). Intime Erinnerungen begleiten die Angstausbrüche der Frau. Schönberg gelingen Formen kontemplativer Musik und Klangräume von einer Weite, wie in keinem seiner späteren Werke. In der Kantate A Survivor from Warsaw opus 46 finden die Klangfarbenmischungen der Jahre um 1910 keine Entsprechung. Die disparatere Instrumentation spricht für ihre veränderte ästhetische Funktion. Der Klang der Fanfare ruft unmißverständlich zur Erinnerung auf. Aus der expressionistischen Überzeugung, durch das Unheimliche hindurch zur Erkenntnis des Selbst zu gelangen, wird die Forderung zur Erinnerung an eine vergangene Bedrohung.

     Ursache der Angst des Überlebenden aus Warschau sind Erlebnisse physischer Bedrohung und Vernichtung. Die Trompetenfanfare am Beginn der Kantate fordert ihre Erinnerung heraus (Beispiel S. 58, Takt 1, Beispiel S. 199, Takt 34). Sie greift ins seelische Geschehen ein und kommt der Schilderung jener traumatischen Erinnerungen entgegen. Vor allem aber weitet sich nun die Perspektive von der subjektiven Sicht der Jahre um 1910 zur vollen politischen, religiösen und weltgeschichtlichen Verantwortlichkeit, die auch für die zuvor behandelten "Angstwerke" nach 1945 kennzeichnend ist.


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