auch heftigen Auseinandersetzungen zwischen
den beiden. Wagner fühlte sich dann unverstanden und ungeliebt von seiner
Frau (vgl. Gutman 1989).
Möglicherweise hatte er sich von Minna mehr Ehrfurcht und Bewunderung
für sein Schaffen und seine Person gewünscht. Nach Gutmans Biographie
über Wagner hat Minna in ihm jedoch nie das Genie geliebt. Sie hat den
Mann hinter dem Genie geliebt und sich ihm daher auch nie in der Weise unterstellen
können wie später Cosima. Diese war nach Gutmans Meinung ganz dem
Genie Wagners ergeben (vgl. ebd., 117). So stellte sie ihr gesamtes Handeln
in seinen Dienst. Sie repräsentierte ihn in der Öffentlichkeit,
war seine Sekretärin und regelte seinen Alltag. Bei vielen dieser Tätigkeiten
übernahm sie selbst die Initiative. Durch ihr Handeln knüpfte sie
die Bande zwischen ihr und Wagner immer enger, so dass sie für Wagner
schließlich unersetzbar wurde (vgl. Beidler 1997, 186–239). Cosima
daher als Wagner ganz untergeben und unterwürfig zu bezeichnen, wäre
zu einseitig. Wie Ortrud war auch sie eine starke Frau, die ihr Schicksal
selbst in die Hand nahm. Nur handelte sie eben nicht für sich selbst,
sondern für Wagner. In Cosima vereinen sich beide in
Lohengrin gezeigten Frauenbilder. Sie ist sowohl die unterwürfige
Elsa, die Lohengrin anbeten möchte, als auch die starke, selbständige
Ortrud. In dieser Konstellation schien Cosima die ideale Frau für Wagner
zu sein. Deshalb konnte sie ihn dauerhaft an sich binden.
Die Ausführungen zeigen, dass sich in den Frauen in Wagners Werk
und in der Realität Parallelen finden lassen. Geht man davon aus, der
Künstler habe in seinem Werk Einflüsse aus seiner Lebenswirklichkeit
verarbeitet (s.o.), so ist es naheliegend anzunehmen, dass das Frauenbild
in Lohengrin auch Wagners wirklicher Einstellung
entspricht.
4
Lohengrin im Sinne Feuerbachs
4.1
Über die Philosophie Ludwig Feuerbachs
Feuerbach interpretiert in Das Wesen des Christentums
die Religion unter anthropologischem Gesichtspunkt. Für ihn ist sie
nichts weiter als die Hypostasierung des Selbstbewusstseins des Menschen
als Gattungswesen. Der Mensch nimmt seine Wesenseigenschaften nicht als eigene
an, sondern stilisiert sie als Ideal von sich weg und schreibt sie einem
Gott zu. Somit ist das Bewusstsein Gottes das Selbstbewusstsein des Menschen,
die Erkenntnis Gottes die Selbsterkenntnis des Menschen. Weiter formuliert
er:
»Aber was der Religion das Erste ist, Gott, das ist, [...] an sich,
der Wahrheit nach das Zweite, denn er
ist nur das sich gegenständliche
Wesen des Menschen, und was ihr das Zweite ist, der Mensch, das
muß daher als das Erste gesetzt und ausgesprochen
werden. Der Liebe
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