Jenseits von Hören und Sehen 9 Interaktionen zwischen auditiven und visuellen Momenten in musikalischen Auf-führungen, wobei er den Fokus auf empirische Rezeptionsstudien zur nonverbalen-Kommunikation in musikalischen Aufführungen legt. Die Rolle des Körpers, der aus der musikwissenschaftlichen Forschung lange Zeit ausgeblendet wurde, wird dabei ebenso behandelt wie die Implikationen der Forschungsergebnisse für die musikalische Praxis. Einen thematischen Schwerkpunkt des Sammelbands bildet die Filmmusik, der sich Andreas Pirchner und Ekkehard Knopke in ihren Beiträgen widmen. Andreas Pirchner diskutiert in seinem Beitrag » Filmmusik: Spuren des musikalischen Auto-nomiegedankens « jene ideengeschichtlichen Entwicklungen in der deutschsprachi-gen theoretischen Auseinandersetzung mit Filmmusik, die zu einem tendenziell au-tonomen Verständnis von Filmmusik geführt haben. Zwar lässt sich Filmmusik ei-gentlich nur sinnvoll als funktionale Musik auffassen, die innerhalb des audiovisu-ellen Komplexes eines Films ihre Wirkung entfalten soll und nicht dafür komponiert wird, im Konzertsaal für sich allein stehend aufgeführt zu werden. In diesem Ver-ständnis sollte die Musik nicht losgelöst von der Bildebene des Films analysiert werden, da beide Ebenen zu einem audiovisuellen Ereignis verschmelzen. Dennoch wurde in der Vergangenheit immer wieder die Ideologie der autonomen Musik in die Erforschung, Analyse und Kritik von Filmmusik hineingetragen, und auch heu-te wird Filmmusik nicht nur auf Soundtrackalben verkauft, sondern es gibt ver-mehrte Bestrebungen von Komponistinnen und Komponisten, ihre Filmmusik im Konzertsaal zur Aufführung zu bringen, eine Tendenz, deren Sinnhaftigkeit Pirch-ner in Frage stellt. Ekkehard Knopke entwickelt in seinem Artikel » ›Hier spielt die Musik!‹ Zur Lo-kalisierung des Klangs von Musical-Songs im Film am Beispiel von Singin‘ in the Rain « ein theoretisches Gebäude zur Verortung musikalischer Klänge im (Musical-)Film. Die bis heute gebräuchliche Dichotomie zwischen intra- und extra-diegetischen Klängen, d. h. zwischen Klängen die innerhalb bzw. außerhalb der fl-mischen Erzählwelt produziert werden, stellt Knopke anschaulich anhand des Bei-spiels Singin’ in the Rain dar, er zeigt gleichzeitig aber auch ihre Grenzen auf. Ausge-hend von Gérard Genettes Ausführungen zur Erzähltheorie führt Knopke den Be-griff der metaleptischen Musik in die Tonflmtheorie ein, wodurch es möglich wird, eine Besonderheit von Musicalflmen theoretisch zu erfassen, nämlich extradiegeti-sche Klangquellen, die in das diegetische Filmuniversum eindringen und somit die Grenze zwischen intra- und extradiegetischen Erzählwelten verschwimmen lassen. Die Artikel von Malik Sharif und Susanne Sackl beschäftigen sich mit dem Me-dium Videoclip und plädieren für Rezeptionsstudien, die vor allem in jenen wissen-schaftlichen Bereichen notwendig sind, die sich mit gesellschaftlichen Aspekten au-diovisueller Medien auseinandersetzen. Malik Sharif befasst sich in seinem Artikel » Musikclips, Tierrechte und Ästhetik: Sepultura – ›Convicted in Life‹« mit der poli-tischen Funktionalisierung von Videoclips, wobei er insbesondere Tierrechtsmusik-clips diskutiert, die eng mit der politischen Praxis der Tierrechtsorganisation PETA verknüpft sind. Am Beispiel des Songs » Convicted in Life « der Metal-Band Sepultu-