24 Tobias Neuhold oder ›naturgegeben‹ betrachtet wird.« (S. 802) Das zweite Element, das den emotio-nalen Ausdruck beeinfusst, stammt aus einem kulturellen Lernprozess. Bestimmte außermusikalische Elemente, in diesem Zusammenhang führen Sloboda und Juslin Bewegungen und Körpersprache als Beispiele an, werden mit emotionalem Aus-drucksverhalten verbunden (vgl. S. 802). Dies wird als individueller Ausdrucksstil deklariert. Juslin (1997) schreibt allerdings: » Some aspects of music (e. g., tonality, melody, and harmony) are relatively more culture-specifc, whereas other aspects […] are more culture-independent (because they are based on nonverbal communi-cation of emotions).« (S. 248; zit. n. Sloboda und Juslin 2005, S. 813) Interessant ist im Kontext dieser Überlegung – sofern der Vergleich zwischen Musik und Sprache legitim ist –, in welcher Form dieser Vergleich auf die phylogenetisch ältere nonver-bale Kommunikation übertragen werden kann. Hier sei auf das Konzept des emo-tionalen Ausdruckslauts verwiesen, das von einer evolutionären vorsprachlichen Basis des Ausdruckverhaltens ausgeht, aus der sich Sprache und Musik entwickelt haben (vgl. Knepler 1977; Blacking 1977). Andere Evolutionstheoretiker sehen gesti-sche Mimesis als Vorläufer sprachlicher Kommunikation an (vgl. Trevarthern, Dela-feld-Butt und Schögler 2011, S. 19). 3.5 Nonverbale Kommunikation von Emotionen in musikalischen Aufführungen Um die Implikationen von theoretischen Konzeptionen von Emotionen nicht zu vernachlässigen, werden in diesem Abschnitt die beschriebenen Experimente an-hand ihrer Defnition und damit des Operationalisierens von Emotion gegliedert. Eine für diese Abhandlung relevante Einteilung ist jene in (1) dimensionale und (2) kategoriale Emotionskonzepte. 3.5.1 Untersuchungen mit zugrundeliegendem dimensionalem Emotionskonzept Um der Vielfalt von emotionalen Zuständen und deren Begriffichkeiten gerecht zu werden, werden in dieser Konzeptionalisierung Emotionen in mehrdimensionalen semantischen Räumen begriffen. Emotionen werden somit auf Grund ihrer Lage identifziert und nicht als abgeschlossene verbale Kategorien aufgefasst.Zunächst soll, wie bereits angekündigt, auf die Experimente von Davidson (1993) eingegangen werden, da diese durch den Methodenimport einen Auf-schwung in der Erforschung von nonverbaler Kommunikation in musikalischen Aufführungen ermöglichten. Davidson war nicht primär an der Kommunikation von Emotionen interessiert, sondern an der Expressivität. Ihr Vorgehen mittels der point-light-technique erlaubte es ihr, drei durch Spielanweisungen induzierte Arten von Expressivität – unbewegt oder auch emotionslos (» deadpan « ), Konzertsituation (» projected manner « ) und übersteigert (» exaggerated « ) – hinsichtlich ihrer jeweili-gen Kommunikation durch die Präsentation in drei verschiedenen Modi – (1) nur Audio, (2) nur Video und (3) Audio und Video – zu untersuchen. Diese zuvor ge-wonnenen Samples wurden von den rezipierenden UntersuchungsteilnehmerInnen auf einer siebenstufgen Skala von – ausdruckslos (» inexpressive « ) bis sehr aus-