Geschlechterbilder in Videoclips 101 schlechterverhältnisse sichtbar gemacht, wobei Parodien hier nach Ramona Curry (1999) » Dekonstruktion, Pastiche und Rekonstruktion « (S. 204) bewirken können. Als Beispiele dafür werden etwa die Spice Girls und Madonna angeführt. Madonna inszeniert in ihren Videoclips außerdem Weiblichkeit als » Metamaskerade « , indem sie je unterschiedliche Frauenbilder und somit eine wandelbare Weiblichkeit verkör-pert. Dadurch kommt es zur Infragestellung einer stabilen Geschlechtsidentität (vgl. Curry 1999, S. 201–202). Über Cross-Dressing, das vor allem von Musikern, zum Teil aber auch Musikerinnen praktiziert wird, werden Konstruktionsprozesse von Ge-schlechterbildern sichtbar. Dies geschieht, ähnlich wie in der Parodie, durch Über-pointierung, wodurch Geschlechtsidentitäten in Frage gestellt werden. Durch die Inszenierung gleichgeschlechtlichen Begehrens und der Darstellung von androgy-nen Geschlechtsidentitäten rückt ferner die Norm der Heterosexualität ins Blickfeld. Androgynie wird dabei entweder als Zweideutigkeit von Geschlechtsidentität oder bei Bechdolf (1999) und Funk-Hennings (2003) als Neutralisierungsstrategie angese-hen, die über die Verwischung der Geschlechterdifferenz stattfndet. 4. Fazit In der konstruktivistischen Geschlechterforschung beschäftigen sich Forscherinnen und Forscher mit jenen sozialen Prozessen, die zu einer Reproduktion der so ge-nannten » Alltagstheorie der Zweigeschlechtlichkeit « (Hagemann-White 1984) bei-tragen. Dabei wird wider dieses Alltagswissen davon ausgegangen, dass Geschlecht keine natürliche Basis besitzt, sondern dass es sich dabei um eine soziale Konstruk-tion handelt. Mit Hilfe dieser theoretischen Grundlage ist es auch möglich, zwi-schen unterschiedlichen Arten von Geschlechterwissen zu unterscheiden. So unter-scheidet Hirschauer (1996) das kognitive, sprachförmige, diskursive Wissen vom praktischen Wissen, das im » doing gender « zur Anwendung gebracht wird. Dane-ben existiert das bildförmige Wissen, wodurch die Zweigeschlechtlichkeit in Visua-lisierungen im Alltag ständige Präsenz fndet. Dölling (2003) untergliedert das Ge-schlechterwissen in die zwei Grunddimensionen intersubjektiv geteiltes, gesell-schaftliches, kollektives Wissen und subjektives, individuelles, biografsches Wis-sen. Darüber hinaus können mit dem feldspezifschen Geschlechterwissen Beson-derheiten von sozialen oder kulturellen Feldern miteinbezogen werden.Diese theoretischen Grundlagen fnden innerhalb der Analysen von Geschlech-terbildern in Videoclips kaum Anklang, wodurch in diesen Studien zum Teil das Alltagswissen über Geschlechterbilder der Forscherinnen und Forscher in den Auf-bau und die Auswertung der Studien miteinfießt und diesem somit lediglich eine wissenschaftliche Form ohne weiteren Erkenntnisgewinn verliehen wird. In der ers-ten Phase der Videoclipforschung in den 1980er und frühen 1990er Jahren wurden fast gar keine Theorien aus dem Bereich der Geschlechterforschung in das theoreti-sche Konzept der Studien integriert. Einige Studien können in den Bereich der diffe-renzorientierten Frauenforschung eingeordnet werden, andere Studien, vor allem aus den Medienwissenschaften und der Psychologie, operieren mit Theorien aus ih-