120 Yvonne Stingel-Voigt sondern auch der Avatar (d. h. die Spielfgur, ingame) mit Musik umgeben ist, auf sie reagiert und mit ihr inter-agiert. Musik im Computerspiel läuft nicht nur subtil im Hintergrund, sondern tritt auch in direkter und sichtbarer, das heißt in performativer Form in Erscheinung. In den Spielen GuildWars (NC Soft/Arenanet 2005) und 4Story (MMOGame 2003) gibt es Gesangs-Auftritte von virtuellen Spielfguren und Tanzszenen. Auch im Spiel Fi-nal Fantasy 8 (Squaresoft 1999) wird getanzt. Im Onlinespiel World Of Warcraft (Bliz-zard Entertainment 2004) tritt die Blizzard-Hausband Level 70 Elite Tauren Chieftain (kurz: L70ETC) auf. Hier machen Murlocs und Orks Musik. Sie werden wie in ei-nem Videoclip dargestellt. Im Spiel Gothic 1 (Pyranha Bytes 2001) kann man ein vir-tuelles Konzert einer real existierenden Band besuchen: In Extremo. Selbst weltweit populäre Musiker, wie beispielsweise Ozzy Osbourne (Brütal Legend – Electronic Arts 2009) und David Bowie (The Nomad Soul – Eidos 1999), sind in Computerspiele involviert. Derartiges Musizieren, die dazugehörige Ingame-Musikrezeption und Performances sind ebenfalls als Ebenen der ästhetischen Darstellung von Musik im Computerspiel anzusehen.Narrative Funktionen von Musik auf der Basis des ästhetischen Verstehens Spiele sind Handlungen. In Computerspielen fndet diese Handlung oder auch In-teraktion in fktiven Räumen statt. Die Eckdaten der möglichen Handlungen in der jeweiligen virtuellen Welt sind durch die (Vor-)Geschichte verkörpert. Es existiert also eine narrative Ebene, die durch die entsprechende Musik verdeutlicht wird. Narrativität ist eine bestimmte Form des Zeichengebrauchs. Dieser charakterisiert sich durch den Zusammenhang vom Akt des Erzählens und dem erzählten Text. Narrativität als Zeichengebrauch eröffnet nicht nur neue Perspektiven, um die Konstruktion von Raum und Zeit in narrativen Texten zu beschreiben, sondern ebenso die Möglichkeit ihre Re-Konstruktion im Prozeß der Interpretation zu beleuchten. Erst ein solcher dynamischer, pragmatischer Ansatz ist die Grund-lage für eine Interpretation der Narrativität in Computerspielen, wenn man ih-ren interaktiven Charakter berücksichtigen will. (Wenz 1997)Im Computerspiel kommt zu der audiovisuellen Ebene der Musikrezeption die In-teraktion als wesentliches Kriterium hinzu. Während die Rezeption von Filmmusik und Videoclips vergleichsweise passiv geschieht, sind ComputerspielerInnen inter-aktiv im Geschehen, in der virtuellen Welt und sind mit Musik konfrontiert. Die Musik dient als Stimulus und führt sie (gemeinsam mit anderen Komponenten, wie Perspektive, Spielregeln, Spielverlauf etc.) dahin. Sie spornt an, erregt Bewusstseins-zustände aus der virtuellen Welt, verstärkt die im Spiel auftretenden, meist emotio-nalen Momente der Erregung, Spannung, Stimmung, des Siegs oder der Niederlage. Die grundsätzliche Handlungsstruktur wird so durch die Musik mit einer emotio-nalen Ebene verknüpft. Das bedeutet, dass Musik und Sound in modernen Spielen geradezu unabdingbar sind, damit ein Spiel füssig gespielt werden kann. Das zu-