122 Yvonne Stingel-Voigt gen. Musik im Computerspiel ist somit in solchen Situationen proaktiv (vgl. Jørgen-sen 2006, S. 49). Die Wechselwirkung von aktiver Beteiligung der SpielerInnen und der jeweils an die Situation angepassten Musik verstärkt die Wahrnehmung des Spielgeschehens auch auf der narrativen Ebene:Computerspiele benutzen Veränderungen unserer Wahrnehmungsgewohnhei-ten, um den Betrachter durch partizipatorische Praktiken aktiv am Geschehen zu beteiligen und auf diese Weise sein Interesse konstant zu stimulieren. Sie verbinden die flmische Narration mit den Interaktionsmöglichkeiten des Be-trachters. (Himmelsbach 2005, S. 150)So unterschiedlich die Spiele sind, so unterschiedlich sind auch der Einsatz und die Funktionen von Musik. In den virtuellen Welten kann es – je nach Spiel – interaktive musikalische Elemente geben. Dazu zählen Gegenstände, die bei Berührung oder beim Aufheben eine Melodie von sich geben oder auch Musikinstrumente, die das Spiel direkt beeinfussen. Im Spiel The Legend of Zelda: Ocarina of Time (Nintendo 1998) ist ein Musikinstrument substantiell. Indem eine defnierte Tastensequenz ein-gegeben wird, erklingt die entsprechende Melodie auf der Okarina. Ist diese Melo-dieeingabe korrekt, zieht der Avatar daraus bestimmte Vorteile: Es eröffnet sich eine bestimmte Funktion, er/sie erreicht ein bestimmtes Ziel oder Ähnliches. Durch die auf der Okarina erzeugte Musik interagieren Spiel und SpielerIn. » Besonders inter-essant ist hier, dass das jeweilige Motiv, das eine bestimmte Gegend freischaltet, in dessen Hintergrundmusik reproduziert und variiert wird « (Jünger 2009, S. 18).Ein Vergleich mit Filmmusik erklärt die Möglichkeit der Interaktion zwischen Game und Musik möglicherweise genauer. Ein Film hat einen linearen Ablauf. Die Musik im Film ist also ebenfalls linear, sie wird sich nicht ändern, wenn der Film nicht anders geschnitten und die Musik daran angepasst wird. Ein Spiel ist bis auf bestimmte vorproduzierte Sequenzen im Ablauf völlig offen. Die SpielerInnen kön-nen innerhalb gewisser Grenzen frei entscheiden, was sie als nächstes machen. So-fern einE SpielerIn nicht bei jedem Neustart absolut identische Spielzüge durch-führt, wird er/sie nicht zweimal einen völlig identischen Soundtrack hören. Teilwei-se sind Spielinhalte und Musik zufallsgeneriert. So kann es auch bei gleichen Spiel-zügen zu unterschiedlichen Ereignissen, Ergebnissen und deren akustischer Beglei-tung kommen. Für Spiele, die über einen längeren Zeitraum spielbar sind, wird mehr Musik benötigt, als für einen Film. Trotzdem wiederholen sich Musiken, was im Film eher selten der Fall ist. Musik für Spiele muss daher insgesamt eher diskret sein und darf auch nicht zu viel Dynamik haben, da das Geschehen sich während einer Musik, also innerhalb einer speziellen Spielsituation, selten ändert. Hinter-grundmusiken sollten vorzugsweise unauffällig sein, da möglicherweise auf dem Bildschirm gerade nichts oder nicht viel passiert. Umgekehrt darf eine Kampfmusik nicht zu zurückhaltend erscheinen. Trotz dieser Einschränkungen muss die Musik insgesamt interessant bleiben, da der Spieler / die Spielerin sie mitunter über länge-re Zeiträume immer wieder hört. Erinnerungsmotive verdeutlichen narrative Struk-turen und erläutern beziehungsweise interpretieren Sinnzusammenhänge. Die Mu-