Theorie der nicht nur Neuen Medien „‘Alle Künste streben dem Zustand der Musik entgegen’, sagte Walter Pater, und unter den Bedingungen der sofortigen In-formation bleibt uns als das einzige Ord-nungsprinzip und -mittel die Möglichkeit, Erfahrungen nach musikalischen Gesichts-punkten zu strukturieren.“1 Im vorausgegangenen ist thesenhaft skizziert worden, daß das Erschließen neuer Musiktechnologie für den Unterricht vom Medium her angedacht werden will, eine Qualifizierung folglich auch zunächst bei der Technologie selber und nicht bei der spezifischen Anwendung ansetzen muß. Ist eine solche geleistet - so wurde weiter argumentiert - sind leistungsfähige, dem Medium gerechte Unterrichtsangebote zu entwickeln. Dieses Vorgehen ist vor allen Dingen deshalb geboten, denn „[e]in Medium ist ein Medium ist ein Medium“2, womit zugleich die dieser Arbeit zugrundegelegte Theorie angesprochen und eingeführt ist. Diese Kittler’sche Lesart von Marshall McLuhans These, daß der Inhalt eines Mediums immer ein anderes Medium ist, meint, daß ein jedes neues Medium zunächst die Funktionen wie Gebrauchsnor-men vorangegangener erfüllt, bevor sich quasi als vertraulich mitlaufende „Bot-schaft“ medienimmanente dem Medienhantierenden in der Folge mitteilen. „Der Inhalt der Schrift ist Sprache, genauso wie das geschriebene Wort Inhalt des Buch-drucks ist und der Druck wieder Inhalt des Telegrafen ist.“3 Dabei werden also überkommene Medienfunktionen im neuen Medium nicht schlicht aufgehoben, sondern deren Funktionen werden im neuen Medium gemäß den neuen sich bie-tenden Möglichkeiten modifiziert. „Alte“ Medien werden demnach nicht aus dem Medienkreislauf ausgeschlossen, doch wird ihnen durch die Existenz eines neuen Mediums ein neuer Stellenwert zugewiesen. Anders ausgedrückt: Mit einer jeden Kulturtechnik sind bestimmte Implikatio-nen verbunden. Medien begründen danach Einstellungen und Rezeptionsweisen, nehmen Einfluß auf die Art und Weise, wie Welt wahrgenommen wird. Das Ge-sagte folgt der in Fortführung der Arbeit von Harold Innis entwickelten Medien-theorie nach Marshall McLuhan mit ihrer Kernthese: „Das Medium ist die Bot-schaft.“ 4 Dabei wird in der nachfolgenden Arbeit der hierzu im Gegensatz stehen-den, mitunter auch von Musikpädagogen vertretenen Ansicht widersprochen, daß es den Computer „nur in der Hand des Menschen gibt. [...]. Wie jedes Werkzeug, 1 McLuhan, Marshall: Mit dem Start des Sputnik wurde der Planet zu einem Weltthea-ter, in dem es keine Zuschauer, sondern nur Akteure gibt. In: Reck, Hans Ulrich (Hg.): Kanalarbeit. Basel/Ffm 1988, S. 168 2 Kittler, Friedrich: Aufschreibesysteme. München 21987, S. 235 3 McLuhan, Marshall: Die magischen Kanäle. Düsseldorf/Wien 1968, S. 14 4 Ebd., S. 13ff.