16 THEORIEGRÜNDE so spiegeln auch Computer letztlich nur wider, wie Menschen mit ihnen umge-hen.“ 1 Noch deutlicher ist dies bei Wolf Dieter Lugert zum Ausdruck gebracht, wenn er davon spricht, „[d]aß neue Technologie wie jedes Werkzeug seinen Cha-rakter durch den Anwender erhält“.2 In Aussagen wie diesen spiegelt sich dabei ei-ne weitverbreitete Tradition des Denkens wider, welches Technologie ausschließ-lich vom Menschen her zu qualifizieren sucht, dabei den Menschen als allein quali-fizierende Instanz und nicht - in der Rückkopplung mit seinen Erzeugnissen - die-sen gleichwohl von seinen technologischen Errungenschaften qualifiziert sieht. Das Medium Computer ist also nicht - wie hier angenommen - schlichtes, mit einer bestimmten Funktion durch Menschenhand ausgestattetes neutrales Werk-zeug, sondern Medium, eine, in der Rückkoppelung mit seinen Anwendern, Inten-tionen unterwandernde, weil wertestiftende Instanz. Neil Postman spricht von einer „Philosophie“, die jeder Technologie innewohnt, „die darin zum Ausdruck kommt, wie die Technologie den Menschen ihren Verstand gebrauchen läßt, darin, wie sie uns mit unserem Körper umgehen läßt, wie sie die Welt codiert, darin, welche un-serer Sinne sie fördert und welche emotionalen und intellektuellen Neigungen sie verkümmern läßt.“3 Kulturgüter wie die Schrift, das Buch, den Film, das Telephon, das Grammophon, das elektrische Licht u.v.a.m. sind dabei Gegenstand der Ausei-nandersetzung in Marshall McLuhans Büchern. Dabei unterscheidet er zwischen kalten und heißen Medien4, postuliert eine neue „Kulturökologie“, bestimmt Medi-en damit in ihrer Funktion als neue Umwelten schaffende Medien und fragt da-nach, wie Menschen sich in diesen neuen als natürlich begriffenen Umwelten ein- 1 Stroh, Wolfgang Martin: Harmonie, Chaos und Computer - Neue Technologien im New Age. In: Enders, Bernd (Hg.) unter Mitarbeit von Stefan Hanheide: Neue Musik-technologie. Mainz 1993, S. 95 2 Lugert, Wolf Dieter: Grenzen der Technologisierung eines sinnlichen Gegenstandes? Musikpädagogik und Neue Technologien. In: Enders, Bernd (Hg.) unter Mitarbeit von Stefan Hanheide: Neue Musiktechnologie. Mainz 1993, S. 321. In ganz ähnlicher Wei-se hat dies in den 60er Jahren auch schon Fred K. Prieberg ausgedrückt: „Eine Ma-schine ist weder gut noch böse; ihr bloßes Vorhandensein hat keine moralischen Fol-gen. Erst die Anwendung - und geistige Besitzergreifung - durch den Menschen be-stimmt eine positive oder negative Wirkung“ (Prieberg, Fred K.: Musica ex machina. Frankfurt/Berlin 1960, S. 15). 3 Postman, Neil: Sieben Thesen zur Medientechnologie. In: Fröhlich, Werner D./Zitzlsperger, Rolf/Franzmann, Bodo (Hg.): Die verstellte Welt. Beiträge zur Medi-enökologie. Ffm 1988, S. 16 4 Heiße Medien sind solche, welche nur eine geringe Anteilnahme vom Rezipienten ab-fordern, um das Vermittelte mit Inhalten zu füllen und zu verstehen. So bietet das Ra-dio oder auch die Fotografie, als Vertreter „heißer“ Medien, „detailreiche“ Informatio-nen. „Kalte“ oder in der deutschen Übersetzung „kühle“ Medien dagegen bieten wenig Information oder besser Daten und bedürfen, um verstanden zu werden, bei der Deco-dierung einer hohen Anteilnahme und Eigenleistung von Rezipientenseite. Ein „küh-les“ Medium wäre beispielsweise ein Cartoon oder auch das Telephon. Heiße Medien sind nach McLuhan weiter dadurch gekennzeichnet, daß sie nur einen Sinn erweitern (vgl. McLuhan, Marshall: Die magischen Kanäle, a.a.O., S. 29ff.).