MEDIEN - SYSTEME - UMWELTEN 33 Auge, Ohr etc., welche aber nur die Intensität, also das „Wieviel“ eines Reizes aber nicht das „Was“ codieren. Das in die Außenwelt von Menschen als Information Entlassene wird über die Schnittstellen folglich auch nur als unspezifischer Reiz registriert und über die internen Operationen durch rekursive Schließung zu Sinn verarbeitet. Niklas Luhmann wendet sich deshalb auch konsequent gegen die Me-tapher des „Übertragens“ einer Information zwischen einem Sender und einem Empfänger einer Information. „Sie suggeriert, daß der Absender etwas übergibt, was der Empfänger erhält. Das trifft schon deshalb nicht zu, weil der Absender nichts weggibt in dem Sinne, daß er selbst es verliert.“1 Menschen - oder anders ausgedrückt: psychische Systeme2 - sind also füreinander undurchsichtig und glei-chen „Black Boxes“3, so daß durch eine Kommunikationsofferte erfolgte struktu-relle Kopplung zwischen zwei „Black Boxes“ eine gerichtete Information von der anderen „Black Box“ systemintern diese nur als Irritation wahrnehmen und verar-beiten läßt. Sinn hat für ein System eine Information also nicht an sich, sondern er-hält sie durch Zuweisung durch das die Information verarbeitende System. Es ist also ein Ausprobieren des Systems, welcher Schlüssel - nimmt man die Schlüs-sel/ Schloß- Metapher noch einmal auf - denn nun ins Schloß paßt. Dabei ist offen-sichtlich, daß es zum Ausprobieren immer mehrerer Schlüssel - Möglichkeiten - bedarf sowie es implizit mitgesetzt ist, daß geschlossene Systeme je unterschiedli-che Schlüssel ihr eigen nennen, die einander ähnlich sein mögen, aber nie identisch sind. Das Passen mehrerer Schlüssel ins gleiche Schloß ist für Verstehen notwen-dige Voraussetzung. Sinnkonstruktion ist also das Auswählen aus einem Reper-toire von Möglichkeiten und eine Selektionsleistung des psychischen Systems. Durch Selektionsleistung - diese und nicht jene Möglichkeit - wird endlich Sinn aktualisiert und erhalten Irritationen Informationscharakter. Verstehen wird - so wird nun verständlich -, wo Information nicht - gemäß der Containermetapher - von Punkt A zu Punkt B transportiert wird und nicht mehr davon ausgegangen werden kann, daß eine Information inhaltsgleich zwischen zwei psychischen Sys-temen ausgetauscht werden kann, sondern aus Selektionsleistungen psychischer Systeme besteht, zum Problemfall. Denn nichts garantiert, daß ein psychisches System in einer Irritation den Sinn selektiert, den ein anderes psychisches System als Irritationsauslöser darin verstanden haben will. Das Gelingen einer Kommuni-kation wird, so ließe sich folgern, also höchst unwahrscheinlich, denn: „Sowohl als Sender wie auch als Empfänger von Mitteilungen sind solche Systeme stets über-wiegend mit sich selbst beschäftigt.“4 Damit das Selegieren von Sinn unter psychischen Systemen nicht völlig willkür-lich, sondern im Gegenteil zum Normalfall gerät und das Gelingen schon vor Auf- 1 Luhmann, Niklas: Soziale Systeme, a.a.O., S. 193 2 Im Sinne der Systemtheorie ist der Mensch das Ergebnis vielfältiger, operierender Systeme, die überschneidungsfrei und strukturdeterminiert operieren, zugleich dabei aufeinander notwendigerweise angewiesen sind. 3 Vgl. ebd., S. 156 4 Luhmann, Niklas: Vorbemerkung zu einer Theorie sozialer Systeme. In: Ders.: Sozio-logische Aufklärung 3, a.a.O., S. 16