38 THEORIEGRÜNDE ten und damit sicherzustellen, daß nahezu beliebige Ereignisse als Information er-scheinen und bearbeitet werden können.“1 Mit dem Zeichensystem Sprache als Medium der Kommunikation kann nahezu jeder Sachverhalt zum Gegenstand von Kommunikation werden sowie die Annahme, verstanden zu werden, durch den Bezug auf einen gleichsinnigen Gebrauch des Zeichensystems vorausgesetzt wer-den. Mithin unwahrscheinlich bleibt das Erreichen einer größeren Anzahl von Per-sonen, weil es eben unwahrscheinlich ist, „daß eine Kommunikation mehr Perso-nen erreicht, als in einer konkreten Situation anwesend sind“2 Verbreitungsmedien wie Schrift und Druck helfen durch ihre Funktion zu archivieren und distributieren, das Gelingen der Kommunikation zu ermöglichen. „Vor allem erfüllt bereits die Erfindung der Schrift eine entsprechende Funktion, die Grenzen des Systems der unmittelbar Anwesenden und der face-to-face Kommunikation zu transzendieren. [...]. Sie haben eine kaum überschätzbare selektive Auswirkung auf die Kultur, weil sie das Gedächtnis immens erweitern, aber auch durch ihre Selektivität ein-schränken, was für anschließende Kommunikation zur Verfügung steht.“3 Mit Verbreitungstechniken Schrift und Druck wird aber „erst recht zweifelhaft, welche Kommunikation überhaupt Erfolg haben, das heißt zur Annahme motivieren kann“4, denn zum einen wird Kommunikation - durch den erweiterten Kreis von Adressaten wie gleichwohl durch die Technik, dem bislang mündlich und daher flüchtig Kommunizierten Dauer zu verleihen - erheblich ausgeweitet, und zum an-deren ist im Gegensatz zur mündlichen Kommunikation, wo sofort über Annahme oder Ablehnung entschieden wird und auf Ablehnung unmittelbar durch An-schlußkommunikation zu reagieren vermocht wird, die Annahme einer Kommuni-kation nicht über Zeit und Raum hinweg zu überprüfen. „Anders als in der mündli-chen Kommunikation können bei schriftlicher Kommunikation Mitteilung, Verste-hen und Akzeptanz weit auseinanderfallen.“5 Erst die Existenz von Verbreitungs-medien läßt schließlich eine dritte Art von Medien entstehen, mit denen sich „das Ziel der Kommunikation erst eigentlich erfüllt“.6 Es sind symbolisch generalisierte Kommunikationsmedien, die den Erfolg einer Kommunikation schon im Vorfeld sicherzustellen suchen. „Als symbolisch generalisiert wollen wir Medien bezeich-nen, die Generalisierungen verwenden, um den Zusammenhang von Selektion und Motivation zu symbolisieren, das heißt: als Einheit darzustellen. Wichtige Beispie-le sind: Wahrheit, Liebe, Eigentum/Geld, Macht/Recht; in Ansätzen auch religiöser Glaube, Kunst und heute vielleicht zivilisatorisch standardisierte ‘Grundwerte’.“7 Symbolisch generalisierte Kommunikationsmedien operieren mit Codes, die durch 1 Ebd., S. 220 2 Luhmann, Niklas: Die Unwahrscheinlichkeit der Kommunikation. In: Ders.: Soziolo-gische Aufklärung 3, a.a.O., S. 26 3 Ebd., S. 28 4 Luhmann, Niklas: Soziale Systeme, a.a.O., S. 221 5 Luhmann, Niklas: Die Wissenschaft der Gesellschaft, a.a.O., S. 178 6 Luhmann, Niklas: Die Unwahrscheinlichkeit der Kommunikation, In: Ders.: Soziolo-gische Aufklärung 3, a.a.O., S. 28 7 Luhmann, Niklas: Soziale Systeme, a.a.O., S. 222