MEDIEN - SYSTEME - UMWELTEN 39 binäre Schematisierung ganz spezifische Annahme- oder Ablehnungshaltungen of-ferieren und infolge einer „Codierung von Präferenzen“ hochkontingente An-schlußselektionen vorstrukturieren, also Selektionsvielfalt einengen. „Unter Code möchte ich, [...], eine Duplikationsregel verstehen, die für Vorkommnisse oder Zu-stände, die an sich nur einmal vorhanden sind, zwei mögliche Ausprägungen be-reitstellt [...]. [...]. Etwas kann auf Grund solcher Codierung gut oder schlecht, stark oder schwach, Habe oder Nichthabe, recht oder unrecht, schön oder häßlich sein, und zwar für beide Kommunikationsteilnehmer beides. Damit wird für Inter-aktionen zwar kein Konsens in der Wertung, gleichwohl aber ein erster Struktur-gewinn erreicht und ein Satz von Respezifikationsregeln (Kriterien) in Geltung ge-setzt, über die wiederum Konsens oder Dissens bestehen kann.“1 Mit Hilfe von Kommunikationsmedien oder anders ausgedrückt: mit Mediencodes wird also aus-zugleichen gesucht, was mit Aufkommen von Verbreitungsmedien wie Schrift und Druck zunächst einmal extrem unwahrscheinlich scheint, nämlich daß Verstehen und die Akzeptanz des Verstandenen im Vorfeld einer Kommunikationsofferte als wahrscheinlich angenommen werden dürfen, folglich gewisse Erfolgsgarantien für das Gelingen einer Kommunikation über Zeit und Raum hinweg mitgesetzt sind. Mediencodes bilden die Grundlage von Kommunikation, ohne explizit dem Ge-genstandsbereich derselben zugehörig zu sein. Mit ihnen ist demnach auch keine Eigenschaft des Kommunizierten beschrieben, sondern sie sind einzig als operati-onsleitende Differenz in Form eines zweiwertigen Symbols dienlich. Worüber kommuniziert wird, ist also unabhängig vom jeweiligen Mediencode. Zurückgekehrt zum Begriff „Medium“ soll die Darstellung systemtheoretischen Denkens nach Niklas Luhmann abgeschlossen sein, wissend, daß, auch wenn hier von Medien die Rede ist, nicht gleich von Medientheorie im Sinne McLuhans die Rede sein darf, denn Luhmann führt einen anderen Medienbegriff im Munde, wenn er mit Bezug auf Heider zwischen Medium und Form unterscheidet. Das will hei-ßen: „Medium in diesem Sinne ist jeder lose gekoppelte Zusammenhang von Ele-menten, der für Formung verfügbar ist, und Form ist die rigide Kopplung eben die-ser Elemente, die sich durchsetzt, weil das Medium keinen Widerstand leistet.“2 Luft ist so Medium, das Geräuschformungen zuläßt. Geräusche auf einer höheren Ebene sind Medien, die über Lautformungen zur Deformation anstehen.3 Medien zeigen sich offen für Formgebungen. Schrift ist danach ein Medium, das die Kopp-lung einzelner Worte und von Worten zu ganzen Sätzen zuläßt. Medien, im Sinne Luhmanns, zeigen sich lose gekoppelt und sind nur in der jeweiligen Form be-obachtbar. Medien entstehen erst im Vollzug der Kommunikation, existieren da-nach aber nicht als physikalische Entität. „Das Kommunikationssystem nutzt nicht ein schon vorhandenes Medium, sondern es produziert und reproduziert es in der eigenen Autopoiesis.“4 Wiewohl alle Kommunikation zuletzt in physikalischen 1 Luhmann, Niklas: Ist Kunst codierbar? In. Ders.: Soziologische Aufklärung 3, a.a.O., S. 246 2 Luhmann, Niklas: Die Wissenschaft der Gesellschaft, a.a.O., S. 53 3 Vgl. ebd., S. 53 4 Ebd., S. 54