MEDIENMUSIK 47 Sinn, und sie ließe sich noch präzisieren in der Formulierung: „Musikgeschichte ist Mediengeschichte“. Das will das Folgende aufzuzeigen versuchen. Dabei sei das Grammophon - als Auslöser all jener „schlimmen“ Entwicklungen - zum Aus-gangspunkt gewählt und das an ihm negativ Konnotierte herausgestellt und mitbe-dacht. Nach einer umrißhaft erfolgten Nachzeichnung seiner Entwicklung und sei-nes Wirkens als „Schöpfer“ von Musik wird zum Kern der Arbeit fortgeschritten: zu den diskreten Musik-Archiven des Computerzeitalters. Es erfolgt dabei im wesentlichen eine Perspektivverschiebung bei der das für „schlimm“ Angenommene neu bedacht und das heißt: relativiert oder besser: neutralisiert in dem Sinne ist, daß davon ausgegangen wird, daß mit jedem fraglos vorhandenen Verlust, der mit einer neuen Technik einhergeht, auch Gewinne zu verzeichnen sind, auf die es selbstredend aufmerksam zu machen gilt. So bleibt es schlußendlich einem jeden Kritikübenden überlassen, welche Seite der Unterschei-dung bei der Beurteilung gewählt ist. Und die gewählte Unterscheidung schließlich wird das Urteil maßgeblich bestimmen. Nun mag im Verlaufe einer jeden Kritik die jeweilige Seite der Unterscheidung gewechselt werden, um von der anderen Seite ein Urteil zu fällen, doch beide Seiten zugleich können nicht beobachtet wer-den, die Einheit der Differenz ist nicht beobachtbar, es sei denn wieder in Form ei-ner Beobachtung, was also eine erneute Unterscheidung notwendig macht. Jener Wechsel der Beobachtung von der einen zur anderen Seite ist zwar in dieser Arbeit immer wieder angestrebt zu leisten, doch bleibt es zuletzt ein Beobachten und Un-terscheiden, das den Gewinn durch neue Technologie herauszustellen sucht.1 Zuletzt: Wer mitunter in dem als Gewinn Beschriebenen für sich „Verlust“ er-kennt, möge dies tun, in dem Bewußtsein, daß es seine Unterscheidung ist, die ihm jene Verlustbeschreibung ermöglicht. 1 Jener Wechsel ist schließlich auch in der Dokumentation von Arnold Feil über die Tonaufzeichnung geleistet, was die an den Anfang jenes Artikels negativ konnotierte Medienkritik - beabsichtigt oder nicht - gleichsam weitgehend wieder relativiert.