MUSIK(HARD)WARE = COMPUTER 90 = SOFTWARE Computer so leistungsstark macht. Neue Programme, neue Befehlssätze können in diese Maschinen genauso leicht geladen werden, wie neue Daten. Jedes Programm verwandelt den Computer eigentlich in eine andere Maschine, [...]. [...] Bei dem von-Neumann-Computer treffen nun Logik und Elektronik zusammen.“1 So offenbart sich im „Werkzeug Computer“ eine gänzlich neue Werkzeugquali-tät, demgegenüber allen traditionellen Werkzeugen eine Defizienz bescheinigt werden muß: Die Frage, wozu denn ein Computer nütze sei und gebraucht werde, eine für jedes herkömmliche Werkzeug eindeutig zu beantwortende Frage, oder wie es Martin Burckhardt ausdrückt, die Frage nach dem „Um-zu“, verliert sich mit der Diskretheit und Endlichkeit der Zeichen. Burckhardt schließt hieraus, daß mit dem Werkzeug Computer ein Bruch zu beschreiben ist, der diesen von allen anderen Werkzeugen abgrenzt, eben, „daß sich dem Computer kein Um-zu, kein bestimmter Zweck assoziiert.“2 Der einzige „Um-zu“ Charakter, der dem Compu-ter eigen ist, ist es, „der Ort zu sein, an dem ein beliebiges Werkzeug (in Form ei-nes Programms) einen beliebigen Gegenstand (in digitalisierter Form) zu bearbei-ten vermag“.3 Die Leistungsfähigkeit von Computern rührt also von ihrer grund-sätzlichen Indetermination her. Die Begrenztheit des Systems indeterminiert dieses und impliziert zugleich seine Offenheit für andere Anwendungen, garantiert also dessen Universalität. In den vorangegangenen Ausführungen ist der Computer in erster Linie als Werkzeug begriffen, sowie dabei der Versuch unternommen worden, dessen Funk-tionsweise wie Möglichkeiten in allgemeiner Form zu klären. Wird die herkömm-liche Definition des Computers als reines Werkzeug beibehalten, so hieße das, im Computer eine rein von der Seite des Benutzers her zu qualifizierende Technologie zu sehen. Infolge seiner Universalität wären Anwender dazu aufgerufen, vor Be-ginn einer Arbeit mit dem Computer die Richtung anzugeben, in der diese Techno-logie ihre Möglichkeiten - also ihren Werkzeugcharakter - zu entfalten hätte. Der Technologie hieße das, Wertneutralität zuzubilligen und die Entscheidungsgewalt einzig beim Anwender zu belassen. Gemäß der zu Beginn dieser Arbeit aufgestell-ten Hypothese der medialen Botschaft ist dieser Ansicht zu widersprechen. Der Computer ist nicht reines Werkzeug, das von seiten des Benutzers in eine ihm ge-mäße Form gekleidet wird, so daß das so qualifizierte Werkzeug stumm seinen Dienst tun und ansonsten alles beim Alten belassen wird, sondern in der Rück-kopplung von Werkzeug zu Anwender beginnt das Werkzeug den Anwender in umgekehrter Richtung gleichsam zu formen, was meint, daß im Umgang mit der Technologie der Anwender in seinem Mensch-Sein eine Umstrukturierung erfährt, wie es ohne diese Technologie eine solche nicht gegeben hätte. Es läßt sich folg-lich sagen, was mit dem Begriff der Rückkopplung ja schon implizit ausgedrückt ist: Es werden der Technologie nicht nur Absichten erklärt, sondern diese erklärt 1 Bolter, David J.: Der digitale Faust. Stuttgart/München 1990, S. 61/64 2 Burckhardt, Martin. Die universale Maschine. In: Merkur. Heft 12, 44. Jahrgang, Dez. ‘90, S. 1068 3 Ebd., S. 1069