„Komponisten“-Instanzen Die gewählte Begrifflichkeit „Komponisten“-Instanzen impliziert durch ihre Pluralsetzung die mittlerweile schon mehrfach geäußerte Annahme, daß die Vor-stellung an den einsam schaffenden Komponisten eher einem Wunschbild, denn der Realität entspricht. Kommunizierende Medialitäten sind es, die sich mit in den Schaffensprozeß einschalten, folglich gestalten und so nicht unerheblich zum Er-folg oder Mißerfolg des Tuns beitragen. Wird die Perspektive der bedeutungsvol-len Materialität bei der Analyse neuer Technologie eingenommen und ihre Rolle beim Gestalten von Musik geprüft, so wird das Materielle - die Hardware - gleich-wohl sofort hintenangestellt und die Software in den Mittelpunkt der Analyse ge-stellt und zwar aus folgendem Grund: Wenn, wie im vorausgegangenen festgehal-ten wurde, nicht die konkrete Ausführung, sondern allein der Algorithmus das Ent-scheidende für die Simulation irgendwelcher Funktionen ist, so kommt der Schreibarbeit von Algorithmen wesentliche Bedeutung zu. Erst Software und Hardware im Verbund machen ein universelles Datenmanipulieren möglich, das sei also vorab konzediert, doch wozu sich im Musikbereich eine bestimmte Hard-warekomponente zuletzt qualifiziert, ist im wesentlichen eine Frage des Algorith-mus - also der Beschreibbarkeit einer gewünschten Funktion - und weniger eine der konkreten Materialität. Hardware bleibt dabei zweifelsohne notwendiger Be-standteil, doch ist ihre Bedeutung, gemessen an der des Programmes, eher zweit-rangig und sie verflüchtigt sich mit der wachsenden Leistungsfähigkeit von Soft-ware und der zugleich einhergehenden Miniaturisierung der Hardware mehr und mehr. Herbert A. Simon und Allen Newell haben die Bedeutung von Programmen im Vergleich zur Hardware einmal sehr präzise hervorgehoben, als sie schrieben: „Das Programm, die Organisation symbolverarbeitender Prozesse, ist es, was die Umwandlung von Input in Output bestimmt. Tatsächlich kann man, wenn man nur den Programmoutput kennt, aber keine Informationen über die Arbeitsgeschwin-digkeit besitzt, nicht feststellen, welche Arten von physikalischen Vorrichtungen die Transformationen zuwege gebracht haben: ob das Programm durch einen Fest-körperrechner, einen Rechner mit elektronischen Röhren, eine elektrische Relais- Maschine oder von einem Raum voller statistischer Hilfskräfte ausgeführt wurde.“1 In Programmen ist die jeweilige musikalische Anwendung angeschrieben und sie sind es, die Computer durch Tastendruck zu sinnvollen musikalischen Hand-lungen nötigen. Während mit dem mit Schreibmaschinentastatur und Funktionstas-ten ausgestatteten Computer noch gemeinhin Bedeutungsuniversalität assoziiert wird, ist dies bei mit Klaviertastatur ausgestatteten digitalen Musikinstrumenten nicht unbedingt auf den ersten Blick ersichtlich. Mögen Anwender auch über den Computer in Musikapparaten im groben informiert sein, so bleibt doch zuletzt im-mer noch die Überzeugung, daß ein mit schwarz-weißen Tasten versehener Appa-rat dazu bestimmt ist, Musiksignale zu generieren. Doch gilt auch hier, was für je- 1 Simon, Herbert A./Newell Allen: Informationsverarbeitung in Computer und Mensch. In: Zimmerli, Walter Ch./Wolf, Stefan: Künstliche Intelligenz. Philosophische Prob-leme. Stuttgart 1994, S. 112