„KOMPONISTEN“-INSTANZEN 93 de „universale Maschine“ gilt: Softwareveränderung oder -austausch kann aus je-dem Musiksystem ohne weiteres entweder ein anderes System machen oder kann zumindest die Möglichkeiten eines für eine bestimmte Musikanwendung qualifi-ziertes System durch Softwareerweiterung ergänzen oder auch daraus ein komplett anderes machen. Mit offenen Betriebssystemen operierende Musikapparate lassen dies besonders anschaulich werden. Der „Mirage“-Sampler der Firma Ensoniq, der als erster kos-tengünstiger Sampler Musikgeschichte geschrieben hat, operierte mit einem sol-chen offenem Betriebssystem, was meint: Mit Einschalten des Gerätes dokumen-tierte er seine Universalität dergestalt, daß er von jeder Musikanwendung genauso weit entfernt war, wie von der Möglichkeit, rein als Tischrechenmaschine zu funk-tionieren. Erst mit Einlegen und Laden der Betriebssystemdiskette wurde er zum Sampler qualifiziert. Findige Programmierer nutzten diese Offenheit und bedeute-ten dem Mirage, fortan durch Zufuhr anderer Algorithmen, als Mono-Mode fähiger wie auf Samplewellenbasis operierender Synthesizer zu funktionieren.1 Hardware-technische Erweiterungen waren für die Neuqualifizierung nicht nötig, lediglich Schreibarbeit war zu leisten. Die Frage, als was der „Mirage“ funktionieren sollte, stellte sich somit gemäß Diskettenwahl vor jedem Einschalten neu. Ein anderes, aktuelleres Beispiel wäre der DPM3-Synthesizer der Firma Peavey: „Durch seine außerordentliche offene Struktur kann man nicht nur das Klangmaterial austau-schen, sondern über Software-Updates auch die Struktur der Tonerzeugung nach-träglich verändern. Das Gerät arbeitet mit digitalen Signalprozessoren, deren Steu-erprogramm nicht fest in einem ROM-Chip gespeichert ist, sondern in einem ge-gen Datenverlust gesicherten RAM untergebracht ist.“2 Die Leistungen von Musikhardware - das wollten die Beispiele zeigen - sind al-so immer in Relation zu der sie qualifizierenden Software zu beurteilen. Techni-sche Daten allein sagen wenig über das jeweilige Produkt aus. Bei der Qualifizie-rung von (Musik-)Technologie muß man vielmehr der Schreibarbeit als irgendwel-chen technischen Rahmendaten das Augenmerk schenken (so unverzichtbar diese auch sind und bleiben, doch wo die Produkte von Herstellerfirmen auf ähnlichen bis identischen Hardwarevoraussetzungen gründen, ist das Kriterium Hardware und ihrer Rahmendaten als Qualitätskriterium für die Leistungen der Apparate eher als marginal zu bezeichnen). Die Eleganz des Algorithmus entscheidet über die 1 „Der Mirage ist jetzt mehr als ein Sampler“, heißt es so auch in einer Werbeanzeige für das SOUNDPROCESS-Prg. der Firma Triton/USA. Entnommen dem Ensoniq User Group Magazin „E-MAIL“, Ausgabe Nr. 13 vom Oktober 1988 2 Merck, Alex. Arrangieren mit dem Computer. München 1992, S. 35 So besteht die Möglichkeit, falls Firmeninteressen dem nicht entgegenstehen, ein in die Jahre gekommenes Gerät, ohne Hardwareveränderung mittels Up-Date zu aktuali-sieren. Softwareaktualisierungen lassen sich aber auch bei ROM gespeicherten Be-triebssystemen durchführen. Dazu braucht es nicht viel mehr, als eines Austausches des jeweiligen Eproms. Software-Fehler lassen sich so nachträglich bereinigen und die Leistungen von Musiksystemen durch Programmoptimierung erhöhen und/oder erwei-tern, sowie Verarbeitungsgeschwindigkeiten verbessern.