MUSIK(HARD)WARE = COMPUTER 96 = SOFTWARE ‘0/1’-Informationen operierte. Nicht fehlen dürfen in einer Arbeit, die sich mit Mu-siktechnologie beschäftigt, trivial operierende historische Musikmaschinen, welche ebenfalls die Idee einer Signalverarbeitung gemäß dem binären Modells in sich trugen. Schon aus dem 14. Jahrhundert sind programmierbare Glockenspiele mit Stiftswalzensteuerung bekannt. Die Existenz eines Stiftes auf einer solchen Walze - also einer Signalinformation mit dem Status ‘1’ - bezeugte Klang und Ton sowie deren Fehlen das Gegenteil. Durch die Versetzbarkeit der Stifte konnten die ge-speicherten Informationen geändert und jene Walzen dazu programmiert werden, neue Melodien zu spielen.1 Die Ursprünge der Stiftwalzensteuerung lassen sich - nach Dieter Salbert - bis in die Antike zurückverfolgen. „Die drehbare Stiftwalze wurde in der Mechanik seit langem - (wahrscheinlich) schon in der Antike - dazu verwendet, Hammerwerke und Wassermühlen [...] in Gang zu setzen.“2 Trotz dieser computergemäßen Möglichkeit zur Programmierung bleiben die hier angeführten Maschinen in ihrer Gesamtheit triviale Maschinen. Das Ergebnis nach Programmdurchlauf ist - sei es das musterdurchwirkte Leinen des Jac-quard’schen Webstuhls oder auch die durch Hämmer angeschlagenen Glocken-spielwerke früher Musikmaschinen - schon vor Start der jeweiligen Maschine in der Lochkarte respektive in der Walze angegeben, und nichts an diesem Ergebnis wird sich ändern, es sei denn, der INPUT - das in 0/1-Informationen codierte Webmuster/die in 0/1-Informationen angegebene Musik - würde vor Start der Ma-schine geändert werden. Triviale Maschinen sind zusammengefaßt folgenderma-ßen charakterisiert. Sie sind: „ 1. synthetisch determiniert; 2. analytisch determinierbar; 3. vergangenheitsunabhängig; 4. voraussagbar.“3 Heinz von Foerster folgert daraus: „Wenn Gehorsam das Markenzeichen der tri-vialen Maschine ist, dann ist Ungehorsam das der nicht-trivialen Maschine. Den-noch ist, [...], auch die nicht-triviale Maschine gehorsam, nur folgt sie einer ande-ren Stimme. Man könnte vielleicht sagen, daß sie auf ihre innere Stimme hört.“4 Die Qualität von Computern ist es also nicht nur, alle beschreibbaren und endli-chen und damit algorithmisierbaren Prozesse zu simulieren, sondern sie bilden darüber hinaus eine gänzlich neue Qualität aus, welche sich in der Möglichkeit zum nicht-trivialen Verhalten zeigt. So wird auch das von Friedrich Kittler benutz-te Bild der Subjektivation von Computern verständlich. Diese neue Qualität ist das 1 Vgl. Batel, Günther: Zur Geschichte der Computermusik. In: Batel, Günther/Kleinen, Günter/Salbert, Dieter (Hg.): Computermusik. Laaber 1987 2 Salbert, Dieter: Die Bedeutung der automatischen Musikinstrumente für die Ästheti-sche Erziehung unter besonderer Berücksichtigung der audiovisuellen Kommunikation und Musikdidaktik. (Dissertation). Hamburg 1984, S. 45 3 von Foerster, Heinz: Entdecken oder Erfinden. Wie läßt sich das Verstehen verstehen? In: Einführung in den Konstruktivismus, a.a.O., S. 62 4 von Foerster, Heinz, zitiert nach: Segal, Lynn: Das 18. Kamel oder die Welt als Erfin-dung. München/Zürich 1986, S. 152