MUSIK(HARD)WARE = COMPUTER 106 = SOFTWARE sein. Das Chaos, [...], liegt in dem völlig geordneten System in tiefem Schlum-mer.“ 1 All jenes zu bedenken, ist dort, wo das universale Medium Computer - da einzig der Logik verpflichtet - als Maschine der Unfehlbarkeit gedacht ist. Das bislang Beschriebene hat bislang wenig mit Musik zu tun. Doch bevor be-gonnen wird, über Musik und Computer zu reflektieren und Musikanwendungen zu qualifizieren, braucht es erst einmal eine Vorstellung davon, was Computernut-zung zuallererst bewirkt und unabhängig von der jeweiligen Anwendung produ-ziert, nämlich Fehler. Es ist dabei auch vom pädagogischen Standpunkt her unver-zichtbar, auf diese grundsätzliche Fehlerbedingtheit von Computern und Pro-grammen hinzuweisen, da sich im allgemeinen mit den neuen Computer- Technologien die Vorstellung verbindet, sie würden aufgrund ihrer immanenten Endlichkeit und ihres rein auf Logik basierenden Processings auch ein vollständig beherrschbares 0/1-Universum bereitstellen. Die entwickelten Ausführungen wol-len diesem Eindruck widersprechen. Mit Fehlern zu leben und mit Fehlern leben zu lernen ist zu lehren und muß Ziel von Pädagogik sein, die computerisiertem All-tag gerecht werden will. Denn völlige Beherrschbarkeit ist unmöglich zu erzielen.2 Sie wäre angewiesen auf vollkommene Zuverlässigkeit. Diese aber ist mitnichten gegeben und kann auch zukünftig nicht garantiert werden. Fehlerproduktion ist Computern schlicht inhärent, völlige Beherrschbarkeit damit Utopie, und formali-sieren bedeutet demnach immer auch, eine durch das Processing bedingte sich selbst mitteilende Hardware/Software, also eine ungewollt mit implementierte Selbstindividuation von Technologie, die sich folglich immer als mitgestaltende Instanz mit in das Ergebnis einschreibt. Noch nie war es - vom musikalischen Standpunkt aus gesprochen - der daten-manipulierende Musiker oder Komponist alleine, der komponiert oder musiziert. Als mitgestaltende unabhängige Instanz zeichnet immer auch das für einen be-stimmten musikalischen Zweck herangezogene „subjektgewordene“ Software- Programm mitverantwortlich. Mit wachsender Komplexität macht es sich immer unabhängiger von Menschenwünschen und beweist aufgrund seiner wachsenden Resistenz gegenüber Menschenkontrolle seine Autonomie gegenüber INPUT-Eingaben und daran geknüpfte OUTPUT-Ausgaben. 1 Briggs, John/Peat, F. David: Die Entdeckung des Chaos. München 31993, S. 86 2 Militär und NASA haben längst begonnen, Strategien im Umgang mit Computerfeh-lern zu entwickeln, indem Handbücher mit Auflistung von nicht löschbaren Fehlern geschrieben werden und Möglichkeiten zur Vermeidung von Systemzusammenbrü-chen bei deren Auftreten angegeben werden (vgl. Thomsen, Claas: Die Computerisie-rung der Lebenswelt. In: Weizenbaum, Joseph/Haefner, Klaus: Sind Computer die besseren Menschen? Ein Streitgespräch, a.a.O., S. 46f.). Bekannte Fehler werden zuweilen lieber belassen, als daß Versuche zu ihrer Behebung unternommen werden, denn möglicherweise werden durch eine Fehlerbereinigung neue, unbekannte fehlgeleitete Verknüpfungen, deren Folgen nunmehr unabsehbar sind, geschaffen.