Bild(schirm)Musik „nach neueren forschungen hat johann se-bastian bach eine partitur nach visuellen kriterien lesen können. er sah sie als bild und korrigierte sie wie ein zeichner nach ihrer grafischen struktur. die musik er-schien ihm als bild, und indem er grafische notationen machte, erzeugte er seine mu-sik.“ 1 „Lassen sich Spiegelungen in der Musik, Krebs und Umkehrung anders verstehen denn als ‘Augenmusik’?“2 „Zahlen werden in naher Zukunft Töne sichtbar und Bilder hörbar machen“3, schreibt Vilém Flusser Mitte der 80er Jahre, zu einem Zeitpunkt als jene prognos-tizierte Zukunft in Umrissen längst begonnen hatte, Gestalt anzunehmen. 1965 formuliert Ivan Sutherland, der als Begründer der Computergrafik gilt, seine „Vorstellung eines optimalen Displays, eines Sichtfensters in die mathemati-sche Welt des Computers.“4 Schon wenige Jahre später beginnt die Allianz von Bild und Ton Wirklichkeit zu werden. So beschreibt Abraham A. Moles im Jahr 1971 das Computer-“Icophon“ von Leipp, das es erlaubte, mit Hilfe eines Leucht-griffels auf einem Bildschirm gestaltete Formverläufe in Töne zu wandeln und umgekehrt, sonographierte Töne zu visualisieren. „Der Komponist kann seine Mu-sik zeichnen - in Form einer graphischen Partitur“5, und er tritt dabei ein in einen „visualisierten Dialog“6 mit der Maschine. Von der Erkenntnis geleitet, daß ein Bild mehr als tausend Worte sagt oder daß einen Sachverhalt verstehen heißt, sich ein Bild von ihm zu machen7, ist neben einigen anderen zu vernachlässigenden Schnittstellen zwischen Mensch und Maschine „zweifelsohne der Bildschirm beim Computer das wichtigste optische Ausgabegerät.“8 Und was auf dem Bildschirm 1 Aicher, Otl: analog und digital. Berlin 1992, S. 61 2 de la Motte Haber, Helga: Musik und bildende Kunst. Von der Tonmalerei zur Klang-skulptur. Laaber 1990, S. 53 3 Flusser, Vilém: Die Schrift. Ffm 1992, S. 30 4 Eyles, John: Virtuelle Welten. In: Rötzer, Florian/Weibel, Peter (Hg.): Cyberspace. München 1993, S. 141 5 Moles, Abraham A.: Kunst und Computer. Köln 1973, S. 230/231 6 Ebd., S. 230 7 „‘Ein Sachverhalt ist denkbar’, heißt: Wir können uns ein Bild von ihm machen“, sagt so auch Ludwig Wittgenstein. In: ders.: Tractatus Logicus Philosophicus. Leipzig 1990, S. 15 8 Ackermann, Philipp: Computer und Musik. Wien / New York 1991, S. 44