MUSIKMASCHINEN 166 UND KLANGFINDUNG dennoch keinen vollständigen Ersatz für eine materielle Parameterkontrolle am Ge-rät. Bedeutete Klanggenerierung mit analogen Systemen noch, über den unmittel-baren Zugriff auch unmittelbar Einfluß zu nehmen auf die Klanggestaltung, so ge-währleisten Soundeditoren trotz Echtzeitprocessings lediglich eine mittelbare Kon-trolle. Die Idee zur Klangmanipulation konnte bei analogen Systemen direkt, ohne den Umweg einer Soundeditorinstallation, vonstatten gehen, was einem experi-mentellen Umgang mit Klängen letztendlich nur förderlich sein konnte. Das Klangsynthetisieren mit Editorprogrammen setzt vor einer eigentlichen In-betriebnahme immer noch eine korrekte Verkabelung und häufig genug noch be-stimmte Einstellungen am Synthesizer sowie im Editor (MIDI-Kanal, Unit- Number, Geräteeditor u.ä.) voraus, damit die Kommunikation auch reibungslos funktionieren kann.1 Wird der Computer zugleich auch noch als Aufzeichnungs-medium für MIDI-Daten genutzt, so bedarf es der gleichzeitigen Installation von Sequencer- und Editorprogramm. Nicht alle Programme lassen aber ein solches gleichzeitiges Arbeiten zu. Aber selbst wenn dies möglich ist, bedarf es nun beim Anwender schon einer über die reine Klangprogrammierung hinausgehenden Sys-temkenntnis, da dieser erst einmal in der Lage sein muß, zu erkennen, ob die ge-wünschten Programme überhaupt kompatibel sind und zudem das Wissen haben muß, wie diese gemeinsame Installation vorgenommen wird. Bei dem Versuch, das für die Klanggenerierung von modernen Synthesecompu-tern notwendig hohe Abstraktionsvermögen zu mindern und durch großzügige Vi-sualisierungsstrategien diese der Anschauung wieder zugänglich zu machen, wer-den also neue Abstraktionen aufgebaut, die mit der reinen Klangprogrammierung überhaupt nichts zu tun haben. Damit relativiert sich aber der Vorteil von Sound-editoren, eine nachvollziehbare Klangsynthese durch Veranschaulichung und - durch den unmittelbaren Zugriff auf einer virtuellen Ebene - einen spontanen Um-gang mit dieser zu bieten. Der Versuch, das Abstrakte mit Hilfe von Bedienungsflächen simulierenden Soundeditoren oder mit Computertastatur und Funktionstasten ausgestatteten Syn-thesizern wieder mehr zu konkretisieren, bleibt immer nur der Versuch einer Annä-herung an das analogen Synthesizern gemäße Bedienungskonzept und deshalb auch immer nur der Versuch einer Restituierung einer supplementierten Körper-und Sinnlichkeit. Auch wenn, wie beim Synthesizer JD 800 der Firma Roland geschehen, wieder eine komplette - analogen Synthesizern vergleichbare - konkrete Bedienungsober-fläche angeboten wird und andere Firmen jenem Vorbild immer mal wieder folgen, darf die Zukunft von Bedienungskonzepten in der gegenteiligen Richtung vermutet werden. Schon das Nachfolgemodell des JD 800 - der JD 900 - ist wieder ohne je- 1 Solche Einstellungen werden zwar im allgemeinen beim erstmaligen Systemstart vor-genommen und danach nie wieder, aber je mehr Komponenten miteinander verkoppelt sind und je mehr Möglichkeiten zum Datenmixen und anderweitigen Datenmanipulie-ren zwischengeschaltet sind, um so größer die Gefahr, daß der Datentransfer eben doch nicht richtig funktioniert und damit das Interesse von der Klangmanipulation zur Fehlerkorrektur gelenkt ist.