MUSIKMASCHINEN 174 UND KLANGFINDUNG Musizieren korrespondiert, antwortet er: „Beim Musiker wohl ein Hören und ein Tun, der Musiker spielt, indem er hört, und er hört, indem er spielt. Er hört nach innen und nach außen.“1 Es ist die Kombination und Abstimmung unterschiedli-cher Fertigkeiten, der des differenzierten Hörens mit der einer körperlich bestimm-ten technischen Bewegungskompetenz, welche unmittelbar aufeinander Bezug nehmen, was Knodt von einem „komplexen ‘Wahrnehmungsvorgang als Aus-druck’“ sprechen läßt, „einer entwerfenden Selbstwahrnehmung, die durch die Verschmelzung von leiblich sensiblen und intellektuell wahrnehmenden, wie tech-nischen Fähigkeiten zu einem einzigen Geschehen verbunden wird, der vom ‘Leib’ des Musikers mitgetragenen ‘Musik’.“2 Allein, Musik ist nicht einzig emotiv empfundenes Körpererlebnis, sondern gleichwohl auch ein geistiges, was in dem zuletzt Gesagten mit zum Ausdruck kommt. Genauer, Körperempfinden und Geist sind beim Musizieren nicht vonei-nander zu trennen. Das eine ist die Bedingung des anderen und unlösbar miteinan-der verknüpft. Vilém Flusser spricht vom Musikhören als einer Geste, „bei der durch akustische Massage der Körper zu Geist wird“ und weiter von einer „Ver-geistigung des Körpers durch Akustik“.3 Verändert man die Bedingungen des Musizierens, verändert man die Musik im Gesamten. So sei an die virtuellen Welten eines NOTATOR LOGIC zurückerinnert, bei dem zunächst einmal das Ruhigstellen des Körpers abverlangt ist, so daß kör-perliche Anteilnahme zuallererst eine die das Auge betonende ist, welches starr auf die Monitorschauwelt des Computers gerichtet ist. Taktile Partizipation ist weitge-hend beschränkt auf den Fingerspitzenkontakt mit dem Interface Tastatur. Musizie-ren benennt zwar im allgemeinen immer noch den Vorgang des Begreifens von Schnittstellen nunmehr elektronischer Musikinstrumente, doch sind diese zumeist orientiert an der Klaviatur des nämlichen Instrumentes, so daß Klangfarben unter-schiedlichster Art derselben Geist-/Körperhaltung entspringen. Es ist folglich jenes begreifende Musizieren eines von allgemeinerer Natur, da eine immer wieder ähn-lich aus dem inneren Lauschen empfundene Geistes-/Körperhaltung gänzlich ande-re klangliche Ergebnisse zeitigen kann, die wenig mit dem körperlich Empfunde-nen zu tun haben und nicht damit korrespondieren müssen. Mehr als dem Körper kommt nunmehr der reinen Geistesarbeit Gewicht zu. Der Eintritt in den virtuellen Raum ist notwendigerweise gebunden mit der Aufgabe des Körpers, dem Austritt des Geistes aus dem Körper in den reinen Datenraum, bedingt durch die reduzierte Anteilnahme des Körpers am Computerprocessing. Damit ist nicht ausgesagt, daß es keines Körpers mehr beim Musizieren bedarf, sondern lediglich, daß der Körper seiner überkommenen Funktion enthoben ist, dieser bei der Klangformung nur noch marginale Bedeutung erfährt und der Geistesarbeit Priorität eingeräumt wird. Geistesarbeit ist dabei eine weitgehend vom Körper abgekoppelte und rückge-koppelt mit der computerimplementierten Intelligenz. Die Verschaltung Körper 1 Knodt, Reinhard: Der Künstler und die Wissenschaften. In: ders.: Ästhetische Korres-pondenz. Stuttgart 1994, S. 26 2 Ebd., S. 26f. 3 Flusser, Vilém: Gesten, a.a.O., S. 200