KLANGDESIGN 193 schlicht nicht mehr mitteilt. Eine solche Einstellung will die Hardware quasi zum integralen Bestandteil der Anwendung machen, so daß das Medium als solches nicht mehr in Erscheinung tritt. Ein Musiker beispielsweise, der ein Sequencer- Programm benutzt, geht davon aus, daß die eingehenden Daten anstandslos vom Computer aufgezeichnet werden und auf Tastendruck wieder ausgegeben werden. Der Computer ist nunmehr ein tonbandähnliches Werkzeug, und so wird - eine in-telligente Programmierung vorausgesetzt - diese Tonbandhaftigkeit schlicht hinge-nommen und das aufgezeichnete Datenmaterial in seinem Wesen als aufgezeichne-tes Klangmaterial angenommen. Das reibungslose Funktionieren des programmier-ten Computers wird von einem Anwender also als selbstverständlich vorausgesetzt, ohne daß in irgendeiner Form noch erkannt wird, daß es sich um eine programma-tische Selbstverständlichkeit handelt. Dies alles firmiert unter der Begrifflichkeit „Benutzerfreundlichkeit“. Je benutzerfreundlicher ein System ist, so wird auf einmal offenbar, um so un-durchsichtiger wird das Medium. Walter Volpert hat das einmal so ausgedrückt: „Die Oberfläche des Gerätes wird gewissermaßen härter und undurchdringlicher.“1 Die Folge ist, daß sich eine Ver-trautheit im Umgang mit dem Gerät einstellt, die eine trügerische ist, weil sie real gar nicht vorhanden ist. Transparenz einer Funktion bedingt die Intransparenz der Medialität. Wolfgang Martin Stroh schreibt - an diesen Sachverhalt anknüpfend: „die Benutzerfreundlichkeit oder die Benutzerkompetenz drückt sich heute in der Tendenz aus, daß die BenutzerInnen vergessen dürfen und sollen, daß sie mit ei-nem Rechner arbeiten.“2 Mit der wachsenden Bedienungsfreundlichkeit von Funk-tionen ist aber nicht zwangsläufig ein tieferes Verständnis für das eigentliche Funktionsprinzip gegeben. Wo die Medialität aus dem Blick gerät und Funktionen bedienungsfreundlich gestaltet werden, wird auch nicht mehr nachgefragt werden, ob das Hantieren mit Syntheseoptionen und die damit verbundenen Folgen auch tatsächlich der eigentlichen Funktion entsprechen, da der ganze INPUT-OUTPUT-Prozeß zur Selbstverständlichkeit gerät. Folge dessen ist, daß, ohne daß es noch registriert werden würde, „der Computer bei aller Flexibilität der software dennoch den BenutzerInnen ein ganzes Stück ‘seines Willens’ und Denkens aufoktroyiert“.3 Bedienungsfreundlich wie viele Programme sind und wie sie von Anwendern ja auch verlangt werden, wird hier wird nur gelernt, daß ein bestimmter INPUT einen bestimmten OUTPUT bedingt, ohne daß noch irgendeine Vorstellung gegeben sein muß, wie das Gerät im Innern strukturiert ist. Wohl wird ein Gerät oder Instrument benutzt, doch bleibt es eine in weiten Bereichen verständnislose Nutzung, wobei sich das Nicht-Verständnis infolge der Bedienungsfreundlichkeit dem Anwender gar nicht mehr mitteilt, sondern im Gegenteil noch der Anschein von Kompetenz vermittelt wird. Gängige Bedienungskonzepte lassen dies deutlich werden. So enden Versuche, 1 Volpert, Walter: Zauberlehrlinge. München 1988, S. 51 2 Stroh, Wolfgang Martin: Midi-Experimente und Algorithmisches Komponieren, a.a.O., S. 7 3 Ebd., S. 7