KLANGVERWALTUNG 201 vielfach deren Sinn und Zweck. Diese Verwaltungsaufgabe wird - da von Men-schen längst nicht mehr manuell leistbar - den zugleich als Verwaltungsprogram-men nutzbaren Editorprogrammen zugeschrieben, womit sich „ein ausgezeichnetes Beispiel für ein sich selbst produzierendes Bedürfnis“ anzeigt1: Erst die massen-hafte Produktion und die Distribution von Klangähnlichkeiten macht eine Sortie-rung und Verwaltung notwendig. Die Qualität von Editor/Verwaltungs-Programmen ist nicht durch das Zur- Verfügung-Stellen aller einem Synthesizer gegebenen Synthesemöglichkeiten be-stimmt, sondern gleichwohl durch eine Übersicht gewährende Strukturierung, wel-che auch die Klangverwaltung generierter Klänge umfaßt und einen möglichst un-problematischen Zugang auf die angefallenen Klänge erlaubt. So ist es solchen Programmen im allgemeinen ein leichtes, nicht nur nach Namen, sondern auch nach struktureller Identität zu listen, wählbar nach Prozentvorgabe. Die Problema-tik der eigentlichen Auswahl bleibt dabei trotzdem erhalten. Aus der Menge der ausgewählten Ähnlichkeiten bleibt es auszuwählen. Mitunter oder vielleicht sogar wahrscheinlich bleibt der interessante Klang einfach deshalb ungehört, weil er in-nerhalb des Listings erst an fortgeschrittener Stelle steht und der Gleichmut und die Ausdauer gefehlt haben, sich bis zu dieser Stelle durchzuhören. Und selbst wenn, so mag das Gespür für die eigentliche Qualität eines Klanges beim Hören zahlloser anderer Klänge längst verlorengegangen ist. Nicht allein die hohen Speicherkapazitäten sind die Bedingung der Möglichkeit von überdimensionalen Klangbibliotheken. Wohl sind diese ihre Voraussetzung, doch daneben müssen die zu speichernden Klangquantitäten auch geschaffen wer-den. Klangbibliotheken, die zehntausend Klänge und mehr aufweisen, sind zum einen das Ergebnis von Sammlerleidenschaft, indem jeder erhältliche Klang der ei-genen Klangbibliothek einverleibt wird, zum anderen das Ergebnis der Synthetisie-rung von eigenen Klängen. Allein, menschliche Manipulationsfähigkeit reicht nicht aus, die ständig erwei-terten Speicherresourcen, welche gefüllt werden wollen, auch mit Klängen zu fül-len. Soundeditorprogramme helfen dieses Übermaß der Produktion von Klangähn-lichkeiten mit zu erzeugen. „Sobald die Vernunft das Reale in Kategorien zerlegt, verführt der Spielteufel den Menschen zur Permutation“2, schreibt Abraham A. Moles und postuliert damit einen fundamentalen menschlichen Instinkt des ratio-nalen Verstandes zur Permutation. Synthesizer gewähren das unablässige Verän-dern von Klängen und somit ein Betätigungsfeld. Mit dem Computer ist nunmehr ein Spielzeug gegeben, das den Gedanken der Permutation ins Unendliche über-setzt. So wird dem Computer nicht allein die Speicherung von Klangerzeugnissen überantwortet, sondern zugleich auch deren Generierung. So offerieren Soundedi-toren zwar komfortabel zu bedienende Bildschirmoberflächen, doch zugleich im-mer auch die Zufallsoption zur Automatisierung der Klangerzeugung, die also eine „zufallsgesteuerte und/oder klangabhängige Erstellung von neuen Klängen“ erlau- 1 Ebd., S. 34 2 Moles, Abraham A.: Kunst und Computer, a.a.O., S. 104