Die Materialität der Klänge oder: Vom Rauschen der Kanäle „Stille aber gibt es nicht; was wir als sol-che empfinden, ist leises kontinuierliches Rauschen.“1 Ein jeder Nachrichtenkanal rauscht. Das macht Nachrichten- oder Informations-übermittlung zum zunächst einmal unkalkulierbaren Risiko, denn auch die Infor-mation selbst ist ja genau genommen nichts anderes als ein geordnetes Rauschen vor einem ordnungslosen Hintergrundrauschen. Das Gelingen der Informations-übermittlung ist also abhängig von der Unterscheidung des Rauschens vom Rau-schen. Was beide Rauschzustände unterscheidet, kann mit den Begriffen der Ent-ropie - der Gleichwahrscheinlichkeit aller Zustände - und ihrem Gegenteil, der Neg-Entropie gekennzeichnet werden. Information ist von ihrem Gegenteil der Nichtinformation durch das in einem bestimmten Umfang gleichmäßige Auftreten von Unwahrscheinlichkeiten getrennt. „Gerade wie der Informationsgehalt eines Systems ein Maß des Grades der Ordnung ist, ist die Entropie eines Systems ein Maß des Grades der Unordnung; und das eine ist einfach das Negative des ande-ren.“ 2 Was auffällt, Information wird in diesem Zusammenhang zunächst einmal nicht als der bedeutungsvoll angenommene Inhalt einer Nachricht verstanden, sondern rein nachrichtentechnisch als ein spezifisch codiertes Signal, das gemessen und übermittelt werden kann. Es geht also um die Syntax einer Information sowie de-ren Umwandlung in eine rein quantitative Größe und nicht um irgendeinen Sinn-gehalt, was Warren Weaver, der zusammen mit Claude Shannon Begründer der In-formationstheorie ist, pointiert zum Ausdruck bringt, wenn er sagt: „two messages, one of which is heavily loaded with meaning and the of which is pure nonsense, can be exactly equivalent ... as regards information“.3 Information, als rein quanta-tive Größe verstanden, wird von bei jeder Übertragung auftretenden Rausch- oder Störquantitäten beeinträchtigt, so daß die Informationsquantität von der des Rau-schens verzerrt, verändert oder gar völlig überlagert werden kann. Was zudem aus einem Rauschangebot als Information - bzw. als unerwünschte Störung - aufgefaßt wird, entscheidet nicht zuletzt der Empfänger einer Nachricht, so beispielsweise, wenn beim Radioempfang sich zwei Sender überlagern und es dem Hörer obliegt, sich dem einen oder anderem Angebot zuzuwenden. Jeweils gerät dabei das Nicht-beachtete zur unerwünschten Störung - zum Hintergrundrauschen. Zusammengefaßt: Nachrichtenübertragung heißt immer, Rauschzustände ir-gendwelcher Art zu produzieren. Wenn es also darum geht, Informationsfluß und Verständlichkeit zu optimieren, gilt es, Fremdstörungen so weit als möglich auszu-grenzen, zu minimieren. Das kann aber nie zur Gänze gelingen, denn dort, wo In- 1 Schnebel, Dieter: Anschläge - Ausschläge, a.a.O., S. 38 2 Wiener, Norbert: Kybernetik, a.a.O., S. 38. 3 Warren Weaver, zitiert nach: Flechtner, Hans Joachim: Grundbegriffe der Kybernetik, a.a.O., S. 70