Überbelichtete Musik „Der Walkman der Zukunft wird ein Im-plantat sein.“1 Die Perfektion des Musiksignals bedingt seine Löschung. Allein weil das Ana-loge keine Perfektion kennt, werden analoge Schwingungen in Zukunft möglichst nicht mehr zugelassen und lieber gleich künstlich generiert. Die Kette des Digita-len ist bemüht um ihre Vervollständigung. Nicht das eigentliche Musikereignis steht dabei im Vordergrund, sondern die Verringerung des Signal-Rauschabstands ist primäres Ziel. Einziger Schwachpunkt, weil Bruch in der Digitalzirkulation, ist die erste Ana-logwandlung zu Schall beim Musikrezipienten. Doch werden sich auf Dauer Mittel und Wege finden lassen, auch diese Wandlung zu umgehen. Für ganze Walkmangenerationen ist es ohnehin schon selbstverständlich, den zur Schallwandlung (noch) notwendigen Lautsprecher als Knopf im Ohr zu tragen, um das musikalische Erlebnis möglichst unmittelbar zu erleben, und es wird nur eine Frage der Zeit sein, die Vorstellung von Klang gleich im Kopf, im Gehirn zu realisieren - Musik also nicht zu hören, sondern gleich auf elektronischem Wege zu produzieren. Nirto Karsten Fischers Überzeugung von der Widersinnigkeit einer mehrfachen analog-digital-analog-Wandlung bei Musiksystemen ließe sich von Verfechtern einer von Fremdstörungen bereinigten Musik für den weiteren Signal-verlauf, auf der Ebene der Musikrezeption beim Konsumenten, gleichsam anfüh-ren. Elektronische digitale Datenströme aus Musikmaschinen werden bislang über den Digital/Analog-Konverter in elektrische, analoge Impulsfolgen gewandelt, welche Lautsprecher in Schall umzusetzen vermögen und von den Sinnesrezepto-ren des Ohres als indifferente elektrische Reize wahrgenommen, um endlich in den entsprechenden Nervenzentren im Gehirn zur Wahrnehmung „Musik“ prozessiert zu werden. Im Zuge einer permanenten Optimierung von Signal-Rauschabständen ist diese letzte Schallwandlung schlicht überflüssig, ist doch damit implizit eine Verschlechterung des Signal-Rauschabstandes verbunden, womit nach allgemei-nem Verständnis ein etwaiger Musikgenuß als beeinträchtigt gilt. Statt dessen wäre es denkbar, da die signalaufnehmenden Rezeptoren an den Nervenenden lediglich die Stärke eines elektronischen Impulses registrieren, „nicht aber seine physikalische Beschaffenheit“2, eine direkte Verbindung zwischen der Schnittstelle Musiksystem und den Nervenenden im Gehirn herzustellen, um die elektronischen Daten unvermittelt in das zentrale Nervensystem einzuspeisen.3 Es 1 Virilio, Paul: Revolutionen der Geschwindigkeit, a.a.O., S. 17 2 Segal, Lynn: Das 18. Kamel oder die Welt als Erfindung. Zum Konstruktivismus Heinz von Foersters, a.a.O., S. 129 3 Eine solche Koppelung wäre natürlich nicht nur begrenzt auf musikalische Datenflüs-se, sondern jedwede in elektrische Impulse transformierbare Information wäre so un-mittelbar und direkt überführbar ins zentrale Nervensystem. Norbert Bolz hat dies, auf Vannevar Bush und seine Vision einer Synergie von Mensch und Maschine Bezug