VON DER EINSCHREIBUNG ZUR NEUSCHREIBUNG 234 DER MUSIK seine Qualitäten hin zu untersuchen. Das zuletzt Angerissene erfährt in den folgenden Abschnitten Spurensicherung wie Copyrightaufhebungen seine Vertiefung. Vorerst wäre festzuhalten: Vor dem Hintergrund dieser fortschreitenden Digita-lisierung und der damit einher gehenden Folgen - gleichgültig welcher Argumenta-tionsrichtung man zu folgen geneigt ist - ist die Bestückung von digitalen Syste-men mit digitalen Summenein- und Ausgängen zu betrachten und gewinnt Bedeu-tung, indem sie das digitale Netzwerk mehr und mehr zu vervollständigen und so-mit auch den Raum für einen ungehindert erfolgenden Datenfluß von Bedeutungs-losigkeiten weiter zu erschließen helfen. Nahezu optimierte Datenzirkulation und - kommunikation wie -konsumption macht schließlich Lust auf noch perfektere Da-tenzirkulation und das meint: weitere Potenzierung des Datendurchsatzes, Optimie-rung von Schnittstellen, Verbesserung des Fremdabstandes durch weitere Eliminie-rung analoger Schallwellen. Zur Potenzierung des Lustsuchtfaktors liegen denn auch für handelsübliche Syn-thesizer wie den SY- 77, den SY- 99 oder den Expander TG- 77 der Firma Yamaha kostengünstige digitale Ausgänge in Form von Nachrüstsätzen schon längst vor. Auch Sampler wie der Akai S1100 oder der Roland S770 sind werkmäßig mit digi-talen Summenausgängen bestückt. Systeme wie das AudioFrame von WaveFrame oder das Synclavier von New England Digital bieten längst alle Komponenten von der Klangerzeugung bis hin zur kompletten Signalverarbeitung in einem Gerät ver-eint, doch aufgrund des enormen Anschaffungspreises sind sie nur einem kleinen Anwenderkreis zugänglich. Im Zuge der zunehmenden Verbilligung digitaler Auf-zeichnungssysteme dürften nun allerdings - dazu bedarf es, gerade auch mit Blick auf die zur Zeit in den Handel kommenden oder angekündigten digitalen Musik-maschinen, keiner allzu großen Prophetie - digitale Ausgänge für die Zukunft als Standardausstattung angenommen und ein auf einer rein digitalen Ebene verlau-fendes Signal-Processing auch im Konsumerbereich realistisch werden.1 Damit wird am Horizont der Medienentwicklung das endgültige, synergetisch zu nennen-de Verbundsystem von Mensch-Maschine sichtbar und gleichzeitig ist der „va-nishing point“ endgültig überschritten, der Punkt, an dem nicht nur der Mensch in seiner Körperlichkeit verschwindet, sondern zugleich auch die Musik, Folge ihrer Detailtreue und Perfektion, die das Ganze einer Musik entschwinden und nicht mehr wahrnehmbar werden läßt. „Überall gibt es den Effekt von perfekter Wieder-gabe und absoluter Nähe des Realen: denselben Simulationseffekt.“2 Schnittstellen zwischen Musikmaschinen und Aufzeichnungsmedien konvertieren dann ein jedes Musikereignis endgültig zu einem virtuellen und relativieren die Wahrscheinlich-keit eines jeden analogen Ereignisses, was dann auch als Eintritt in die vierte Di- 1 Mittlerweile ist mit dem Alesis Quadrasynth der erste preisgünstige Synthesizer mit integrierter digitaler Schnittstelle auf dem Markt erhältlich. Wie die Zeitschrift Key-boards schreibt, beschreitet die Firma Alesis denn auch „gänzlich neue Wege: die komplette Einbindung des Synthesizers in eine digitale Studio-Umgebung.“ Testbe-richt des Alesis Quadrasynth. In: Keyboards 5/94, S. 102 2 Baudrillard, Jean: Das Jahr 2000 findet nicht statt, a.a.O., S. 17