VERKNÜPFTE ALLGEGENWART 243 und der Programmierkunst des Programmierers und der Speicherkapazität des Computers allein ist es abhängig, inwieweit die Ursprungsinformationen Tonhöhe, Dauer, Dynamik veränderbar sind. Zeitquantisierungen, Transponierungen, Dyna-mikveränderungen, das Schneiden, Mischen, Kopieren, Löschen von Daten sind Sequencer-Standard. Automatisches Strecken und Stauchen von Informationen sowie das Erstellen von Krebs und Umkehrung musikalischer Verläufe ist gleich-ermaßen modernen Programmen als Option mitgegeben. Daten mit unterschiedli-cher Geschwindigkeit auslesen lassen zu können, zeigen schon komplexere Mög-lichkeiten zur Zeitmanipulation an. Andere Datenmanipulationen, wie zum Bei-spiel variationenbildende Programmverzweigungen oder Optionen, die spezifische Informationen umcodieren und auslesen lassen wie beispielsweise die Möglichkeit, Tonhöhe zu Tondauer u.ä. zu wandeln, deuten die schier unbegrenzte Vielfalt des Datenhandlings an und lassen diese Vielfalt trotzdem nur in Umrissen erfahrbar werden. Die Mannigfaltigkeit der Optionen zeigt die universellen Verknüpfungsmög-lichkeiten von Daten in Sequencerprogrammen an, welche zudem häufig genug aus dem Dialog zwischen Anwender und Programmierer hervorgegangen sind, denn der Umgang mit Computermedien läßt immer neue Ideen zum de-linearen Operie-ren heranreifen. Wirkliche Entfaltung erlangen sie aber erst da, wo auch die opti-sche Gestaltung von Programmen zum de-linearen Operieren einlädt, was in den 80er Jahren mit dem CUBASE-Programm der Firma Steinberg seine bislang best-mögliche Verwirklichung erfahren hat. So war es auch zunächst einmal die Gestal-tung der Bedienungsoberfläche, die bei Markteinführung im Jahre 1989 Würdi-gung erfuhr: „Dabei sind es weniger die eigentlichen Funktionen des Programms, die CUBASE so überaus interessant machen, sondern in erster Linie die Art der Be-dienung.“ 1 Grafik und Echtzeit-Multitasking waren die diesen Sequencer qualifi-zierenden Merkmale, welche ihn von anderen unterschieden. „Man sieht immer auch, was passiert, und hört es nicht nur. Wenn also, um ein einfaches Beispiel zu nennen, eine bestimmte Passage eines bestimmten Instrumentes verschoben wer-den soll, so schneidet man sie am Bildschirm aus und plaziert sie mit der Maus an der gewünschten Stelle.“2 Alle Operationen können zudem bei laufendem Se-quencer verfügt werden, seinerzeit keine alltägliche Erscheinung. Der Erfolg dieses Programmes gründet so nicht allein in den Optionen zum de-linearen Arbeiten, sondern liegt darin, daß seine Bildschirmoberflächengestaltung das computerim-manente Prinzip zum de-linearen Arbeiten schon im vorhinein optisch darstellt. Ein jedes Sequencerprogramm - schon vor Markteinführung von CUBASE - er-laubte das Zerteilen aufgezeichneter Sequenzen in beliebig viele Segmente und das Verschieben/ Kopieren etc. dieser Segmente. Durch die Visualisierung allerdings sind die Programmierer dem eigentlichen Arbeitsprinzip des Computers gerecht geworden. Anstatt abstrakte Gedankenarbeit leisten zu müssen und über Zif-formation Tonhöhe, Dauer, Dynamik zu Klang transformiert oder ein anderer x-beliebiger Klang, ist dabei gleichgültig. 1 Testbericht über das Sequencerprogramm CUBASE. Keyboards 6/89, S. 92 2 Ebd., S. 92