VON DER EINSCHREIBUNG ZUR NEUSCHREIBUNG 244 DER MUSIK fern/Taktangaben - wie in früheren Programmen üblich - musikalische Ideenparti-kel in der Zeit zu verschieben, werden Zeitmanipulationen augenfällig und konk-ret, so daß jener, zum damaligen Zeitpunkt neuen Bildschirmoberflächengestaltung die Aufforderung zum de-linearen Arbeiten implizit ist.1 Dieser verblüffend einfach gestaltete Zugriff - Folge einer optimalen Bildschirmgestaltung - legt einem An-wender die Manipulation von Signalen in der Zeit nicht nur nahe, sondern fordert diesen quasi imperativ dazu auf, Sequenzen immer wieder neu zu ordnen und sich nicht gleich mit einer erstellten Version zufriedenzugeben. Jedes x-beliebige Mo-tiv, entwickelt zu welchem Zeitpunkt auch immer, kann grundsätzlich zum kompo-sitionsbestimmenden Motiv geraten, also auch dem schon im Vorfeld Aufgezeich-neten Gestalt und Charakter verleihen. Dieser zu jedem Zeitpunkt gewährleistete Zugriff auf die generierten Daten erlaubt ein umfassendes und nicht von medialen Hardware-Zwängen begleitetes Assoziie-ren und ein reversibel bleibendes Ordnen der Ideen während des Gestaltungspro-zesses. Jene mit dem Begriff der De-Linearität umschriebene Qualität wird also al-lein schon in der Bedienungsoberfläche des CUBASE-Programmes augenfällig, und gerade diese Augenfälligkeit animiert und provoziert Anwender, sich von den Fes-seln des Linearitätsprinzip zu lösen. Daß nahezu alle in der Folge neu entwickel-ten Sequencerprogramme sich an der graphischen Gestaltung dieses Programmes orientieren und selbstverständlich echtzeitfähig agieren, erscheint nur zu natürlich vor dem Hintergrund eines medial bedingten, in der Gesellschaft um sich greifen-den de-linearen Bewußtseins. 1 Mit der Möglichkeit zum Verschieben der in Balkenform dargestellten musikalischen Segmente über den Bildschirm hinweg wird das musikalische Material zeitlich struk-turiert. Ein Takt/Zeitlineal erleichtert die Orientierung und zeigt genau an, zu welchem Zeitpunkt der Komposition welche Segmente erklingen werden. So wie in einer Or-chesterpartitur die einzelnen zusammen erklingenden Orchesterstimmen untereinander angeordnet sind, werden gleichermaßen alle aufgezeichneten Sequenzen in der Verti-kalen angezeigt, so daß alles, was zu einem bestimmten Zeitpunkt auch zusammen er-klingt, sich schon optisch als Zusammenklang darbietet. Die Verfügbarkeit kompletter oder zerteilter Sequenzen ist gleichermaßen in der Vertikalen möglich. So lassen sich also einer Sequenz entnommene Teile problemlos einer anderen Spur und damit einem potentiellen anderen Instrument zuordnen und sich mögliche musikalische Beziehun-gen stiften. Dabei behält der Anwender immer alle musikalischen Ereignisse im Blick und braucht sich nicht die Gesamtkonzeption des Musikstückes im Gedächtnis zu ver-gegenwärtigen, bevor Veränderungen und neue Zusammenhänge gestiftet werden können.