Näherungen „Wir werden immer mehr der Tatsache bewußt, daß dieser ganze Globus ein einzi-ges Dorf ist. Die Menschen rücken sehr nah zusammen.“1 Entgrenzte Räume durch ein Reisen im reinen Zustand der Energie. Musiker aus aller Welt werden medientechnisch zusammengeführt, womit die Wirkungsräume von musizierenden Künstlern mittlerweile global definiert sind. Dazu bedarf es nicht einmal mehr der Transportmittel, die Künstler durch den Raum bewegen. Bewegt werden nur noch Datenträger wie Disketten o.ä., oder, wie in der alltägli-chen Kommunikation inzwischen zur Normalität geworden, immaterielle Daten-flüsse in Echtzeit sind es, die bewegt werden. Eine Schrumpftechnik wie die Digi-taltechnik eine ist, läßt, indem die Kommunikation und Interaktion nur noch über Netzwerke und Archivierungssysteme vollzogen wird, auch die Räume zusammen-schrumpfen. „Elektrisch zusammengezogen ist die Welt nur mehr ein Dorf“2, schreibt Marshall McLuhan 1964. Der Datenraum tritt an die Stelle des realen Raums und wird nunmehr zum Aktionsraum, ein Ort, an dem die Akteure eines musikalischen Spektakels keine körperliche Präsenz mehr bezeugen müssen, um miteinander musizieren zu können. Nicht allein die Distribution von in Festspei-chern abgelegten Daten - wie in den zum Beispiel genommenen Sampling-CDs gegeben - macht allein aus der Welt ein globales Dorf, sondern vielmehr noch be-dingt die unmittelbare Netzwerkkommunikation eine Zusammenziehung der Welt und läßt die Welt zum globalen Aktionsraum werden. Anstatt noch Musiker zur Anreise zu bewegen, werden heutzutage häufig genug nur noch die spieltechni-schen Ergebnisse derselben in Form von Daten durch den Raum bewegt. Noch nicht fertiggestellte Rumpfproduktionen werden als sequentielle Datenereignisse auf Datenträgern gespeichert und verschickt oder gleich direkt über Telephonlei-tungen sowie via Satellit übermittelt, und die beteiligten Musiker senden ihren An-teil an der Aufnahme - diskret - auf dem gleichen Wege zurück. Dem Telephon-netz als allgemein zugänglichem Netzwerk kommt bei dieser Form der diskreten Anteilnahme besondere Bedeutung zu, was Prognosen von Mediengiganten zu be-legen scheinen: „In den nächsten zwanzig Jahren erwartet der Philips Konzern [...] eine 20-prozentige jährliche Steigerung im Datenverkehr und eine 6-prozentige Steigerung der herkömmlichen Telephonnutzung durch Sprache. Derzeit macht der Datenaustausch knapp 1% der weltweiten Leistungsbelastung aus. Falls diese Schätzungen eintreffen, wird in weniger als zwanzig Jahren der Datenanteil in öf-fentlichen Netzen größer als der Sprachanteil sein.“3 Die musikalische Interaktion wird - so darf vermutet werden - zukünftig ver-stärkt an Datenschnittstellen stattfinden. Eine solche Begegnung von Musikern ist 1 Stockhausen, Karl-Heinz: Texte zur Musik 1963-70, a.a.O., S 81 2 McLuhan, Marshall: Die magischen Kanäle, a.a.O., S. 10/11 3 Coy, Wolfgang: Aus der Vorgeschichte des Mediums Computer, a.a.O., S. 33