BEGEGNUNGEN IM NICHT-RAUM 295 akustischen doch keiner visuellen Anteilnahme gewährenden CD-Musikproduktion. Denkbar und vermittelbar wäre eine neue Erlebnisqualität durch eine Anwesen-heit in „Telepräsenz“. Hans Moravec erinnert - wie viele andere auch - in diesem Zusammenhang an längst überkommene Entwicklungen1 und an aktuelle For-schungstendenzen, die zum Ziel haben, Reparaturarbeiten im Weltraum von der Erde aus zu ermöglichen und zwar dergestalt, daß das befehlsgebende Individuum bei der Steuerung den Eindruck einer Weltraumpräsenz hat. „Eine solche Teleprä-senz- Einrichtung besteht im wesentlichen aus einem Geschirr, das mit Hilfe opti-scher, akustischer, mechanischer und chemischer Geräte in der Lage ist, die senso-rischen Empfindungen und die Handlungen der Person, die das Gerät bedient, zu steuern und zu messen. Diese Maschine liefert Bilder für die Augen, Töne für die Ohren, Druck- und Temperatureindrücke für die Haut, Kräfte für die Muskeln und sogar Geruchs- und Geschmacksempfindungen für die verbleibenden Sinne.“2 Vie-les an dieser Beschreibung mag heute noch visionär erscheinen - allein die Spei-cherung und Wiedergabe olfaktorischer Quellen stellt heutige Wissenschaft noch vor unlösbare Probleme3 - gleichwohl darf erwartet werden, daß heute schon exis- 1 Erinnert wird an die Möglichkeit des indirekten Umgangs mit radioaktivem Material, indem man mit Hilfe einer Apparatur Greifbewegungen u.ä. ausführt, während an ei-nem anderen Ort Robotarme dieselben Bewegungen wiederholen. Verstrahltes Materi-al kann so ohne direkte Kontaktaufnahme mit den eigenen Händen betastet werden (vgl. Moravec, Hans: Geist ohne Körper - Visionen von der reinen Intelligenz. In: Kai-ser, Gerd/ Matejovski, Dirk/ Fedrowitz, Jutta (Hg.): Kultur und Technik im 21. Jahr-hundert, a.a.O.). Vgl. hierzu und zu den weiteren Ausführungen: Eichhorn, Erik: Vir-tuelle Realität - Medientechnologie der Zukunft? In: Bollmann, Stefan (Hg.): Kurs-buch Neue Medien, a.a.O. Vgl.: Brand, Stewart: MediaLab. Reinbek bei Hamburg 1990, S. 125ff. Brand erinnert an das „Talking Heads“-Projekt vom Beginn der 80er Jahre, bei dem Bildröhren die Form von Köpfen verliehen bekamen, so daß die darauf abgebildeten Gesichter möglichst menschenähnlich und die Kommunikation dadurch „natürlich“ blieb. Das Projekt wurde nie zu Ende geführt, doch vereinzelte Vorführun-gen verliefen spektakulär. Die Idee, die diesem Projekt zugrundelag, war, daß Politi-ker im Falle eines Atomkrieges möglichst realitätsgetreu konferieren können sollten, ohne sich einer gemeinsamen Übereinkunft und der damit verbundenen Gefahr eines Angriffs und gemeinsamen Ablebens stellen zu müssen. Politiker hätten an verschie-denen Orten in irgendwelchen Bunkern ausharren und mit Hilfe der sprechenden Köp-fe, die je das Abbild der Konferenzteilnehmer spiegelten, das Erlebnis eines Beisam-men- Seins genießen können. Was von dem Projekt blieb, war der Name „Talking Heads“, ein Plattencover, nebst der dazugehörigen gleichnamigen Rockgruppe. 2 Moravec, Hans: Geist ohne Körper - Visionen von der reinen Intelligenz. In: Kaiser, Gerd/ Matejovski, Dirk/ Fedrowitz, Jutta (Hg.): Kultur und Technik im 21. Jahrhun-dert, a.a.O., S. 81/82 3 Anzumerken ist hierbei, daß schon in den 20er Jahren der Regisseur David Belasco versuchte, seinen Stücken durch Geruchsproben einen höheren Grad an Authentizität zu verleihen und in den 60er Jahren mit Morton Heiligs Sensorama Simulator - einem Verfahren, das ein vollständiges Eintauchen in das Filmgeschehen zu ermöglichen suchte, bei dem gleichfalls olfaktorische Sinneseindrücke vermittelt wurden und als