KÜNSTLERLEBENSWELTEN 315 rithmus inhärent. Auf Schreibkompetenz zu verzichten hieße zugleich, auf (verbliebene) Zugriffs-rechte freiwillig zu verzichten und sich damit der Möglichkeit zu berauben, Mög-lichkeiten zur Zusammenführung und Konstruktion von Daten zu interessanten In-formationen auszuschließen. Alles andere bleibt letztendlich nur ein Auswählen aus vorgegebenen Möglichkeiten und hat mit Kunst oder künstlerischer Tätigkeit wenig zu tun. Es mag sich für den Produzenten dieses „Kitsches“ (H.W. Franke) darin etwas Neues offenbaren, doch bleibt es ein von Redundanz geprägtes und wenig informatives Produkt. Auch redundante Formen mögen mit Kunst verwech-selt werden oder mitunter Kunst sein, doch nur dann, wenn dem Feld der mögli-chen Formen die Nicht-Redundanz immanent ist und sich der Redundanz als kunstvolle Form verantwortungsvoll zugewendet worden ist. Wenn also das Leben nach Glenn Gould durch technische Innovationen die Möglichkeit zu einem kunstvollen Handeln in sich bergen soll, dann müssen alle Möglichkeiten dieser neuen Technologie offenliegen. Das setzt den universalen Zugriff auf die in diskreten Archiven gespeicherten Informationen und die Schreib/Lesefähigkeit des neuen Schriftcodes beim Produzenten der Information voraus. Trivialität, von der bislang das Verhalten der Endverbraucher geprägt ist, verkehrt sich in ihr Gegenteil und schreibt sich dann nur noch mit dem Präfix „Nicht“, und das Leben wäre Kunst.